Der Wahl-Sonntag vor einer Woche zog in drei Bundesländern überdurchschnittlich viele Menschen aus ihrem politischen Vakuum. Was als Triumph für die Demokratie anmutet, bedarf einer Fußnote: Zahlreiche Neuwähler entschieden sich für die Alternative für Deutschland, die mit zweistelligen Ergebnissen den Sprung in alle drei Landtage schaffte. Ausschlaggebend für diesen Ausgang war offenkundig die Positionierung der Partei zu einer restriktiven Flüchtlingspolitik. Die Hälfte der AfD-Wähler gab jedoch an, mit ihrer Wahlentscheidung lediglich den etablierten Parteien einen „Denkzettel“ verpassen zu wollen, um ihrem Unmut über die politische Situation in Deutschland Ausdruck zu verleihen.
Das unzufriedene Volk will also protestieren. Und wie sieht das aus? Eine vormals unpolitische Masse reagiert mit kollektivem Kopfnicken bis blindem Jubel auf patriotische Plattitüden. Familie, Frieden, Heimatliebe – klingt doch super! Zack: Kreuzchen bei der AfD. Welche Dimensionen Protestwählen annehmen kann, ist bekannt. Um sich für später das „Aber wir wussten ja gar nicht…“-Narrativ zu ersparen, lohnt sich vielleicht ein Blick ins Wahlprogramm der selbst ernannten Alternative. Dort stößt man schnell auf erzkonservative Wertevorstellungen, die von albern-antiquiert bis menschenverachtend reichen. Frauen? Wurden lang genug bevorzugt behandelt. Eine durch Frauenquoten verursachte weibliche Dominanz in Führungspositionen grenzt ja schon an Diskriminierung, findet die AfD. Ohnehin müssen die Frauen mal wieder zur Räson gebracht werden. Alleinerziehende und berufstätige Mütter oder im schlimmsten Fall Kinderlose riskieren mit ihrem Egoismus nämlich das Aussterben der Deutschen. Dann gibt es hier bald, Jesus steh uns bei, nur noch „Migranten“. Homosexualität ist im 21. Jahrhundert natürlich okay, die AfD ist ja nicht von gestern. Aber psssst, sagt unseren Kindern nichts davon, sonst könnten sie sich womöglich noch sexuell verirren. Das Bild einer kinderreichen, heterosexuellen Ehe soll aufrechterhalten und dementsprechend im Unterricht vermittelt werden. Auch Abtreibungen werden daher kriminalisiert, Aufklärung in der Schule ist hingegen nicht erwünscht. Findet den Fehler.
Mich ängstigt die Vorstellung, die abstruse AfD-Propaganda könnte bald über die Lehrpläne in die Köpfe junger Menschen gelangen. Und dass mir eine Zukunft als schürzentragende Gebärmaschine blüht, die Heimatlieder singend in einem monokulturellen Einheitsbrei schwimmt. Daher flehe ich die oberflächlich informierten AfD-Sympathisanten an: Lest das Programm, bevor mit eurem Stimmzettel auch Menschenrechte in der Urne landen!
Margarethe Neubauer, 21 Jahre