Die Netzgemeinde kann mehr als nur Shitstorms

Regelmäßig stehen soziale Netzwerke in der Kritik. Die Diskussionen, die in ihnen geführt werden, seien flach, die Netiquette würde kaum beachtet und die User abhängig und dumm gemacht. All das mag sein. Doch jede Medaille hat bekanntermaßen zwei Seiten. Denn was die Netzwelt für Kai-Eric Fitzner aus Oldenburg gemacht hat, ist herausragend.

Klartext Carola Wondrak
Carola Wondrak freut sich über den Lovestorm für den Autor Kai-Eric
Fitzner. Foto: PRIVAT

Anfang Mai wurde der 45-jährige dreifache Vater nach einem Schlaganfall ins Krankenhaus eingeliefert und musste ins künstliche Koma versetzt werden. Bis dato hatte er, von Beruf Schriftsteller, die Familie ernährt. Die finanzielle Notlage vor Augen, wendete sich seine Ehefrau Raja Hilfe suchend an die Facebook- Gemeinde. Auf der Seite ihres Mannes postete sie einen Aufruf an Freunde und Follower, sein Buch „Willkommen am Meer“, das im Jahr 2006 erschienen ist, zu kaufen. Der Blogger Johannes Korten, ein Freund von Fitzner, initiierte den Hashtag #einBuchfuerKai. Binnen weniger Stunden stand „Willkommen am Meer“ an der Spitze der Amazon-Bestsellerliste. Der Onlinebuchhändler spendete die Einnahmen an die Familie. Wenig später war der im Eigenverlag erschienene Roman vergriffen. Vergangene Woche verkündete Raja, ihr Mann sei auf dem Weg der Besserung. Ein Verlag möchte sein Buch herausbringen. Ab Ende August soll es wieder in Buchläden und im Internet erhältlich sein.

Dieses Schicksal zeigt, welche Macht die Netzgemeinde hat, und dass sie durchaus in der Lage ist, diese Kraft zu nutzen, um Gutes hervorzubringen. Selbst wenn die Mehrzahl der Käufer das Buch aus Mitleid erworben hat, statt um es zu lesen, so haben sie damit dennoch einer Familie in Not geholfen. Und das ist zweifelsohne eine ehrenwerte Tat. Und vielleicht liest der eine oder andere „Willkommen am Meer“ noch, einen amüsanten Roman über den ambitionierten Lehrer Tim, der an seiner neuen Schule in Oldenburg aneckt. Weil er sich mit Schülern anfreundet und einen sogar bei sich zu Hause aufnimmt, droht das Kollegium Tim mit Berufsverbot. Doch seine Familie und Schüler stehen hinter ihm. Ein Roman voller Liebe und Zusammenhalt, wie ihn auch die Netzgemeinde bewiesen hat.

Von Carola Wondrak, 21 Jahre

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Kategorien Politik

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