Der Kumpel aus dem Computer

Aus Freunden, die man in der virtuellen Welt kennenlernt, können mit der Zeit auch Freunde in der realen Welt werden. Foto: Fotolia/thingamajigs
Aus Freunden, die man in der virtuellen Welt kennenlernt, können mit der Zeit auch Freunde in der realen Welt werden. Foto: Fotolia/thingamajigs
Eine Studie zeigt: Jugendliche sprechen weniger und kommunizieren mehr online. Warum Online-Freunde auch echte Freunde sind

Von Ceren Isak, 21 Jahre

Die meisten Erwachsenen schenken mir nur ein müdes Lächeln, wenn ich sage, dass ich meinen besten Freund über eine Videospielplattform kennengelernt habe. Darauf folgt in der Regel ein skeptischer Blick, wenn ich hinzufüge, dass er in Schweden wohnt. Alle sprechen heute davon, dass sich die Globalisierung auf alle Lebensbereiche auswirken würde. Nur auf Freundschaften scheint das dem Verständnis der meisten älteren Leute nach nicht zuzutreffen. Spricht man mit Eltern über das Thema Online-Freundschaften, fällt vielen von ihnen nur Negatives dazu ein. Eine in diesem Monat veröffentlichte Studie des britischen Office of Communication zeigt, dass Kinder und Jugendliche heute immer weniger sprechen, weil sie immer mehr online kommunizieren. Die Online-Freundschaft sollte deshalb endlich als gleichwertig mit herkömmlichen Freundschaften gelten – auch in der Wahrnehmung der Eltern.

Natürlich sind deren Sorgen berechtigt: Es gibt Menschen, die im Internet vorgeben, jemand zu sein, der sie in Wahrheit nicht sind. Die meisten Jugendlichen wissen das. Trotzdem werden Online-Freundschaften dauerhaft ein Teil unseres Lebens bleiben. Was uns daran reizt? In Internetforen und sozialen Netzwerken trifft man Menschen, die dieselben Interessen haben wie man selbst. Durch das Gefühl von Zugehörigkeit und gleichzeitiger Anonymität fällt es vor allem schüchternen Menschen leichter, sich anderen zu öffnen. Schließlich weiß man, dass einem im realen Leben keine Nachteile daraus entstehen.

Ein weiterer Vorzug von Online- Freundschaften: Man trifft Personen aus unterschiedlichen sozialen und kulturellen Verhältnissen. Erst nachdem ich einige Leute meiner Onlinebekanntschaften
besser kennengelernt hatte, ist mir aufgefallen, wie klein der Personenkreis ist, mit dem man im Alltag verkehrt. Meine Freunde im realen Leben stammen so gut wie alle aus dem gleichen Umfeld wie ich, viele sogar aus demselben Bezirk, haben denselben Schulabschluss wie ich gemacht und wollen ähnliche Berufe ergreifen.

Ich glaube, das ist es, was uns heute animiert, Freundschaften online zu schließen: Man kann ganz leicht Menschen kennenlernen, mit denen man zum einen Interessen teilt und sofort auf einem Nenner ist, die aber zum anderen aus völlig anderen sozialen und räumlichen Verhältnissen stammen als man selbst. Das ist eine tolle Bereicherung für den Freundeskreis.

Und um alle Skeptiker zu beruhigen: Die anderen Freunde, das Verabreden am Nachmittag zum gemeinsamen Eisessen oder Schwimmengehen – all das werden die Internet-Freunde natürlich auch in Zukunft nicht ersetzen.

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Kategorien Politik

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