Schüler werden für ihr Engagement bestraft

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Charlotte Falinski: „Schüler sollten nicht fürs Demonstrieren bestraft werden.“ Foto: Privat

Was am 13. Februar in Mitte und Kreuzberg zu sehen war, war zumindest für einen Donnerstagvormittag ungewöhnlich: Mehr als 1 500 Schüler zogen vom Roten Rathaus am Alexanderplatz zum Kreuzberger Oranienplatz. Sie demons­trierten für die Flüchtlinge, die dort seit 2012 ein Protestcamp aufgeschlagen haben, das auf die schlechten Bedingungen aufmerksam macht, unter denen Flüchtlinge in Deutschland leben. Die Schüler und Studenten wollten sie darin unterstützen.

 

Während sie durch die Straßen zogen, riefen sie Sätze wie: „Say it loud, say it clear, refugees are welcome here“, was so viel heißt wie: „Sag es laut, sag es deutlich, Flüchtlinge sind hier willkommen.“

 

Dazu lief Musik, die Stimmung war friedlich. Ein Gemeinschaftsgefühl schien in der Menge zu herrschen. Eigentlich waren die Jugendlichen also vorbildliche Demonstranten, wie sie sich ein demokratischer Staat kaum anders wünschen kann. Die Berliner Regierung hatte dennoch ein Problem mit ihnen. Der Grund: Der Protestzug fand zwischen 10 und 14 Uhr statt, also in der Schulzeit. Der Senat ist der Meinung, dass man ihn auch außerhalb der Schulzeit hätte veranstalten können, um den Unterricht nicht zu verpassen. Politisches Engagement sei zwar gut, aber nicht, wenn die Schulpflicht damit ausgehebelt werde, meint die Senatsverwaltung.

 

Die Schüler haben die Lehrergewerkschaft GEW auf ihrer Seite. Sie vertritt die Position, dass die Lehrer die Demo als eine Art Übung für den Politikunterricht sehen und die Fehlzeit der Schüler entschuldigen sollten. Die meisten Schüler mussten am Freitag dennoch eine Entschuldigung abgeben. Dabei hat die GEW recht: Eine Demo ist nur sinnvoll, wenn sie Aufmerksamkeit erregt. Und das haben die Schüler geschafft, indem sie den Unterricht ausfallen ließen. Lehrer machen es nicht anders – sie nennen ihre Demonstrationszüge nur Streiks, weil sie für mehr Gehalt und bessere Bedingungen für sich selbst kämpfen. Das findet auch in der Schulzeit statt, weil der Unterrichtsausfall für Aufmerksamkeit sorgt. Letztlich haben die Schüler die gleichen Forderungen wie die Lehrer: mehr Geld und bessere Bedingungen. Nur eben nicht für sich, sondern für andere. Was nicht heißen soll, dass die Lehrerstreiks unberechtigt sind. Aber es stellt sich die Frage, worin der Schaden besteht, wenn Jugendliche sich in ihrer Schulzeit für ein politisches Ziel einsetzen und das als politische Bildung gewertet werden kann?

 

Dass Schüler auf die Straße gehen und sich für Flüchtlinge einsetzen, zeugt von Engagement und dafür sollten sie keinen Fehltag auf ihren Zeugnissen stehen haben.

 

(Von Charlotte Falinski, 15 Jahre)

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Kategorien Politik

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