Von Simon Grothe, 18 Jahre
Die heiße Phase des Wahlkampfs hat begonnen. Am 22. September wird der Deutsche Bundestag gewählt. Alle Parteien wollen hinein. Aber was wollen sie dort? Wir haben uns die Regierungsprogramme aller Parteien angesehen. Nun nehmen wir sie beim Wort: In unserer Serie zur Bundestagswahl stellen wir uns jede Woche vor, wie sich der Alltag von Jugendlichen in der Schule und in der Freizeit verändern würde, wenn eine Partei bei der Wahl die absolute Mehrheit erringen würde, also alleine regieren und alle Punkte aus ihrem Programm eins zu eins umsetzen könnte. Heute: die FDP.
Zeppelinschule. Elternabend der Klasse 4 b, wenige Monate nach der Wahl: „Wir haben uns heute hier zum letzten Mal versammelt“, eröffnet Frau Müller den Abend. „Denn die neue FDP-Regierung hat beschlossen, die Schulen wieder nach den Qualifikationen der Schüler zu trennen. Ihre Kinder werden demnächst nach Tests auf die Gymnasien, Real- und Hauptschulen verteilt.“ Die Reaktionen sind gemischt. Die Mutter von Hans-Georg applaudiert: „Endlich steht die Leistung meines Sohnes wieder im Vordergrund, diese Gleichmacherei war ja totaler Blödsinn.“ Moritz dagegen ist schlecht in der Schule. Er wird wohl eine Hauptschulempfehlung bekommen. Seine Eltern sind entsetzt: „Welche Chancen hat er denn noch auf ein Studium? Die Regierung nimmt ihm jegliche Möglichkeit, sein musikalisches Talent zu entfalten!“ Auch Jans Weg trennt sich von dem der anderen. In der Grundschule durfte er trotz seines ADHS-Syndroms mit den anderen Kindern lernen, jetzt muss er auf die Sonderschule.
„Dafür müssen wir nicht mehr nach dem Prinzip kleinster gemeinsamer Nenner unterrichten, sondern können uns auf die aufgeweckten Schüler konzentrieren, die sich bisher im Unterricht gelangweilt haben“, unterbricht Frau Müller die Diskussion. Und wir haben endlich die Möglichkeit, das Geld für unsere Schule nach unseren Vorstellungen auszugeben. Jedes Jahr wollen wir nun ein neues Projekt starten.
„Der nächste Punkt betrifft die Eltern mit älteren Kindern“, sagt Frau Müller. „Um die Qualitätsstandards der Hochschulen sichern zu können, wird eine Studiengebühr fällig. Wer sich das nicht leisten kann, bewirbt sich auf das Deutschlandstipendium, das die FDP massiv ausgebaut hat.“ Erneut bricht eine hitzige Debatte aus. „Qualität vor Quantität!“, sagt Hans-Georgs Mutter lächelnd. Es vergehen weitere 20 Minuten mit Gesprächen über Eliteförderung und Chancengleichheit, bevor sich die Eltern verabschieden. Zwei Wochen später stehen die Ergebnisse fest: Hans-Georg erhält leider nur eine Realschulempfehlung.