Gleiche Aufgaben, unterschiedlicher Unterricht

Anna-Lisa Menck findet einheitliche Abiturstandards nicht ausreichend. Foto: Raufeld/Vivian Yurdakul Foto: Raufeld/Vivian Yurdakul
Anna-Lisa Menck findet einheitliche Abiturstandards nicht ausreichend. Foto: Raufeld/Vivian Yurdakul
Foto: Raufeld/Vivian Yurdakul

Von Anna-Lisa Menck, 23 Jahre

 

Ähnlich sicher wie auf den Blitz der Donner folgt auf die Frage nach der Abinote die nach dem Bundesland, in dem die Prüfung bestanden wurde. Und das zu Recht – die Anforderungen unterscheiden sich stark: So wird das Berliner Abitur etwa im Vergleich mit dem bayerischen fast schon als Reifeprüfung zweiter Klasse gesehen. Für Schüler bedeuten diese ungleichen Niveaus oft, dass sie beim Umzug in ein anderes Bundesland eine Klasse wiederholen müssen. Auch dass die Abiturienten mit unterschiedlichen Voraussetzungen an die Unis gehen und ihre Abschlussnoten – die entscheiden, für welchen Studiengang sie zugelassen werden – eigentlich nicht vergleichbar sind, ist ein Problem.

Seit Jahren wird diskutiert, wie das zu ändern wäre. Mit ihrem „Wittenberger Beschluss“ meldeten die Kultusminister aller Bundesländer nun den vermeintlichen Durchbruch: Für zunächst vier Kernfächer soll ein zentraler Abituraufgabenpool entstehen, aus dem sich alle Länder vom Schuljahr 2016/17 an bedienen können – aber nicht müssen. Jedes Land darf Aufgaben für den Pool vorschlagen, die geprüft und dann mit einem Erwartungshorizont versehen werden.

Der Beschluss an sich, endlich eine Vereinheitlichung der Abiturstandards anzugehen, geht erst mal in die richtige Richtung. Im Einzelnen stellen sich aber viele Fragen: Wie nah an dem sich von Klasse zu Klasse, Lehrer zu Lehrer, Schule zu Schule und Land zu Land stark unterscheidenden Schulunterricht kann ein von Wissenschaftlern formulierter allgemeingültiger Erwartungshorizont sein? Wie wirksam ist der Beschluss, wenn die Verwendung der Aufgaben freiwillig bleibt? Und: Was bringen vergleichbare Prüfungen, wenn sich die Lehrpläne, die Anforderungen und sogar die Anzahl der Schuljahre in den Ländern weiter unterscheiden?

Ein solcher Pool ist nur sinnvoll, wenn auch der Unterricht sowie die Ansprüche an die Schüler vergleichbar sind. Doch eine so weitgreifende Vereinheitlichung würde eine generelle Veränderung des Bildungssystems voraussetzen. Und die liegt in weiter Ferne. Dabei ist sie überfällig – spätestens seit von Eltern hohe Mobilität im Beruf gefordert wird und nicht mehr davon auszugehen ist, dass Kinder während ihrer gesamten Schullaufbahn im selben Bundesland bleiben. Bis sich das aber auch auf die Bildungspolitik auswirkt, müssen sich Schüler, die von Berlin nach Bayern ziehen, wohl mit einheitlichen Erwartungshorizonten begnügen und trotzdem die Klasse wiederholen.

 

Was haltet ihr von einem Zentralabi für ganz Deutschland?

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Kategorien Politik

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