Schöner Partymachen ohne die Union



Bill Schneider: "Es ist eine richtige Entscheidung der Veranstalter des CSD, der CDU beim diesjährigen Umzug keinen eigenen Paradewagen erlauben zu wollen." Foto: Privat



Von Bill Schneider, 18 Jahre


Nicht nur haarige Bären im Ledergeschirr und junge Männer mit tiefem V-Ausschnitt zieht es zur jährlichen Regenbogen-Parade. Längst ist der Christopher Street Day eine vergnügliche Veranstaltung für jedermann geworden, egal ob lesbisch, schwul, bi- oder transsexuell oder eben hetero. Am 22.  Juni wird auf der Strecke von Kreuzberg bis zum Brandenburger Tor wieder in der prallen Sonne das Tanzbein geschwungen. Wer denkt dabei heute noch an blutige Straßenschlachten und an Polizisten, die mit Knüppeln auf sexuelle Minderheiten einschlagen?

Viele haben vergessen, dass die Parade auf eine solche Auseinandersetzung zwischen den Vertretern der Staatsmacht und den Menschen vom anderen Ufer zurückgeht – und zwar in New York im Jahr 1969. Seitdem hat die Gay-Pride-Bewegung in vielen Ländern der Welt einiges erreicht. In Deutschland wenigstens muss sich keiner mehr fürchten, aufgrund seiner sexuellen Orientierung von der Polizei misshandelt zu werden.

Doch was auf den ersten Blick bloß wie eine große Fete der sowieso grundsätzlich partywütigen Berliner wirkt, hat in Wirklichkeit auch weiterhin ein ernstes Anliegen: die komplette Gleichstellung aller Menschen, egal, ob sie sich für Männlein oder Weiblein interessieren oder welchem Geschlecht sie sich selbst zugehörig fühlen, unabhängig davon, mit welchem sie geboren wurden. Es ist daher eine richtige Entscheidung der Veranstalter des CSD, der CDU beim diesjährigen Umzug keinen eigenen Paradewagen erlauben zu wollen.

Noch immer sind Homosexuelle, die in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft leben, gegenüber heterosexuellen Ehepaaren benachteiligt, wenn es zum Beispiel um steuerliche Fragen geht. Die Debatte über die rechtliche Gleichstellung der Partnerschaftsmodelle mit der Ehe wurde mitunter unsachlich geführt. Die Union hat mit ihrem eisernen Festhalten an den „traditionellen Familienbildern“ dazu beigetragen. Als Volkspartei sollte sie nicht dazu gezwungen werden müssen, zähneknirschend den Weg in die Moderne zu gehen. Genau das passiert aber gerade, da das Bundesverfassungsgericht in seinen Urteilen nach und nach die Rechte Homosexueller stärkt, und die Regierungspartei deshalb, und nicht aus eigenem Antrieb heraus, die entsprechenden Gesetze ausarbeitet.

Das Vorgehen der CSD-Macher erinnert deshalb in diesem Jahr wieder an das politische Anliegen eines Tages, an dem heutzutage viele lieber die schon erkämpften Freiheiten einfach genießen würden. Aber es ist offenbar nötig, dass der Kampf für die Gleichberechtigung fortgeführt wird.


Ist es in Ordnung, eine Partei vom CSD auszuschließen? Was meint ihr?

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Kategorien Politik

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