Mein Vorsatz: Nicht nur an Zensuren denken


Bill Schneider wünscht sich fürs nächste Jahr weniger Versessenheit auf Zensuren. Foto: PRIVAT


Von Bill Schneider, 18 Jahre


Was sind eure Vorsätze für das neue Jahr? Vielleicht bessere Noten zu schreiben? Vergesst die Ratschläge aller Eltern und Lehrer und verinnerlicht diese Weisheit: Noten sind vollkommen unwichtig und der Einzige, der jeden Tag Fehler begeht, ist der Chemielehrer.

Es gehört zum guten Ton des modernen Lebenslaufes, dass aus ihm die Strebsamkeit und Zielsicherheit des Bewerbers herauszulesen sind. 
Lehrer geben häufig den Rat, bei der Wahl der Abiturkurse schon die mögliche Studienwahl zu beachten. Die zwei heiklen Jahre Anstrengung, die den Abiturprüfungen vorausgehen, sind von dem Grundsatz geprägt, dass alles Gemachte abprüfbar sein muss. Es gibt in Schulen den Irrglauben, man könne die Qualität einer Leistung stets auf einer Skala von null bis 15 Punkten beschreiben. Diese Beschränktheit im Denken Hunderttausender Studienräte unseres Landes führt dazu, dass auch wir Schüler oftmals glauben, dass es ein Zeichen von Schwäche ist, sich Zeit für andere Dinge zu nehmen als den Punktefetischismus unserer Lehrer.

Die Schule vermittelt zwar den zweiten Hauptsatz der Themodynamik, aber sie gibt nur wenig Raum und kaum Anregung, die unmittelbaren Fragen des Daseins zu betrachten. Dabei sind die Möglichkeiten, ein Leben zu führen und seinen Platz in der Welt zu finden, vielseitiger, als es mancher Physiklehrer zugeben mag. Und jene Unterrichtsfächer, die grundsätzliche Fragen des Daseins aufwerfen, wie beispielsweise der Deutschunterricht, werden von Lehrern naturwissenschaftlicher Fächer oft als Laberfächer abgetan, die eigentlich nur Zeitverschwendung sind.

Es erfordert Mut, sich dem gängigen Effizienzdenken zu widersetzen. Dabei sind viele Lehrer auch nur hilflose Knechte unseres ergebnisfixierten Schulsystems. Die Fähigkeit, leidenschaftliche Hingabe für eine Sache zu entwickeln, wird zwar in der Schule selten gelehrt, sie ist aber mindestens so wichtig wie jede Zensur. Wenn andere mit hechelndem Eifer zahllose Vorträge vorbereiten, könnte für einen selbst der richtige Moment gekommen sein, erst mal Luft zu holen. Und was sind eure Vorsätze für das neue Jahr?


Bessere Noten oder sich gerade nicht mehr von Noten verrückt machen lassen? Schreibt uns eure guten Vorsätze für das Jahr 2013!

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Kategorien Politik

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