„Dass wir religionsübergreifend sind, ist wichtig“

Michael Groys ist Mitinitiator von „Wir gegen Rechtsbeschneidung“. Foto: Privat

Junge Berliner jüdischen und muslimischen Glaubens starten eine Petition gegen das Beschneidungsverbot


Seit Wochen wird über ein Urteil des Kölner Landgerichts diskutiert, demzufolge die Beschneidung von Jungen aus religiösen Gründen als Körperverletzung strafbar ist.  Die drei jungen Berliner Mike Delberg (23, jüdisch), Anil Celek (18, muslimisch) und Michael Groys (21, jüdisch) haben nun gemeinsam die Petition „Wir gegen Rechtsbeschneidung“ verfasst, in der sie sich gegen das Urteil aussprechen und für die sie Unterstützer suchen. Wir haben Michael gefragt, was sie dazu bewogen hat und was sie erreichen möchten.


Michael, glaubst du, unbeschnittene Juden und Muslime wären weniger gute Gläubige?


Nein, ich denke an der Religiosität würde das nichts ändern. Aber es ist eben ein sehr starkes Zeichen der Religiosität und des Bundes mit Gott. Das Beschnittensein gehört zu einem wie die Haarfarbe oder die Schuhgröße. Es ist einfach ein Teil von einem. Ich glaube auch, dass es für viele jüdische und muslimische Jugendliche ein Problem ist, wenn sie nicht beschnitten sind und sie sich mitten in der Pubertät dafür oder dagegen entscheiden müssen. Viele werfen ihren Eltern vor: Warum habt ihr das denn nicht machen lassen, als ich noch klein war.


Wie kamt ihr auf die Idee eine Petition aufzusetzen?


Wir waren sehr schockiert von dem Urteil des Kölner Landgerichts und nachdem wir wochenlang in der Presse darüber gelesen hatten, wollten wir selbst etwas unternehmen. Wir wollten die Petition sehr kurz und klar schreiben und darin nicht zu stark in abstrakte religiöse und rechtliche Diskurse abgleiten, es ging uns um unsere eigene Position. Der intereligiöse Aspekt war uns sehr wichtig und ich denke es ist ein wichtiges Zeichen, dass wir eine religionsübergreifende Gruppe sind.


Birgt das Urteil womöglich indirekt sogar die Chance zu einer besseren Verständigung zwischen Juden und Muslimen in Deutschland?


Ja, in gewisser Weise schon, denn Muslime und Juden können nun sehen, dass wir ähnliche Probleme haben, mit denen wir in Deutschland konfrontiert sind. Beispielsweise gibt es viele Parallelen zwischen den Integrationsproblemen der Juden aus der ehemaligen Sowjetunion und den muslimischen Einwanderern. Deswegen sollten wir uns die Hand reichen und mehr miteinander sprechen.


Eure Petition hat inzwischen 391 Unterstützer gefunden. Was wollt ihr erreichen?


Natürlich ist unser Ziel in erster Linie, das Verbot der religiösen Beschneidung zu verhindern. Es geht uns aber auch darum, Offenheit und Klarheit durch mehr Information zu schaffen. Wir wollen, dass auch Menschen, die nicht betroffen sind, begreifen, was die Beschneidung für uns bedeutet und warum sie so wichtig ist für die Ausübung unserer Religion. Ich denke dafür ist es auch wichtig, dass die Synagogen und Moscheen ihre Tore öffnen und den Menschen zeigen, was dahinter passiert und wie so eine Beschneidungszeremonie eigentlich wirklich vonstattengeht.


Das Gespräch führte Deborah Hermanns, 19 Jahre.

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Kategorien Politik

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