Sechs Füße, zwei Augen – Helfer auf vier Pfoten

Mithilfe einer Dunkelbrille erfährt eine Schülerin des Gebrüder-Montgolfier-Gymnasiums, wie es ist, blind zu sein. Foto: Privat

Die Schüler der Gebrüder-Montgolfier-Schule bekamen Besuch von einem Hund, der sie lehrte, wie erblindete Menschen ihren Alltag meistern können


Von Aimé L. Regner


Eddie kam den Schülern und Schülerinnen der Gebrüder-Montgolfier-Schule schwanzwedelnd entgegen. Auf den ersten Blick wirkte er wie ein ganz normaler Hund. Doch Eddie hat eine etwa sechs Monate lange Ausbildung zum Blindenführhund hinter sich. Sein Besitzer Mike Steinhäuser, stellvertretender Vorsitzender des Blinden-und Sehbehindertenverbandes Sachsen-Anhalt, hat ihn begleitet und erzählte den Schülern im Rahmen des Projekts „Anders sein – Leben mit Behinderungen“ einen Tag lang viele spannende Geschichten rund um die Helfer auf vier Pfoten. Und auch Mario Stranz besuchte an diesem Tag die Schule – er leitet eine Blindenführhundschule und stand den Schülern für Fragen rund ums Thema zur Verfügung.


Und davon gab es viele: Wie gestaltet sich der Alltag, wenn man nichts sehen kann? Eignet sich jeder Hund als Blindenhund? Und wie bildet man diese eigentlich aus? Für die Schüler war es bemerkenswert zu erfahren, wie Menschen mit Sehbehinderung das alltägliche Leben meistern: „Manchmal schaue ich sogar fern. Ich erdenke mir dabei die Bilder im Kopf“, sagt Mike Steinhäuser.


Eine Frage war für die Schüler von besonders großer Bedeutung: Wie ist es, wenn man auf einmal nichts mehr sieht? Mike Steinhäuser, der vor 22 Jahren aufgrund einer Netzhautablösung erblindete, erzählt: „Man fällt natürlich erst einmal in ein tiefes Loch und weiß nicht, was man tun soll. Aber man muss sich einfach wieder aufrappeln – und weitermachen!“


Die Schüler erfuhren nicht nur etwas über Blinde, sondern auch viel über ihre treuen Begleiter und deren Ausbildung, die etwa sechs bis acht Monate dauert. In dieser Zeit erlernt der Hund das Befolgen und Umsetzen von etwa 30 verschiedenen Hörlauten. Durch ein in Etappen gegliedertes Trainingsprogramm lernen die Hunde Hindernisse zu beachten und später bei der Führarbeit darauf zu reagieren. Das Haupttrainingsgebiet ist der Straßenverkehr, da der Blinde natürlich immer sicher an sein Ziel kommen soll. Zu Beginn der Ausbildung wird eine besondere Ausbildungsmethode genutzt – der Führwagen. Der Hund lernt dadurch, gerade zu laufen, einen anderen Wahrnehmungsraum einzuschätzen und auf den Umfang des Menschen auszuweiten. Nach vier bis sechs Wochen im Ausbildungswagen kommt der Hund ans Handgeschirr. So soll er lernen, den Menschen zu führen. Später wird das Training auf das Suchen und Finden von Sitzplätzen, Ampeln und Ein- und Ausgängen ausgeweitet.


Doch vor der Ausbildung müssen die Hunde natürlich erst einmal nach bestimmten Kriterien ausgewählt werden. „Die Hunde müssen im Allgemeinen ein ruhiges und ausgeglichenes Wesen haben. Sie müssen Lautstärke, Schall, einfahrende Züge und Menschenmengen ertragen können. Sie sollten offen und freundlich gegenüber Mensch und Tier sein. Und sie dürfen auf keinen Fall aggressiv sein, an der Leine ziehen oder andere Menschen anspringen“, so Mario Stranz.


Später am Tag hatten die Schüler die Möglichkeit, mithilfe einer Dunkelbrille zu erfahren, wie es sich anfühlt, blind zu sein. Mit dem 13 Monate alten Labrador Elvis und seinem Ausbilder Mario Stranz durften sie einen Parcours bestreiten. Es war für alle ein völlig fremdes Gefühl, sich nur auf einen Hund zu verlassen. Aber dieser hat seinen Job auf jeden Fall souverän gemeistert.

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Kategorien Politik

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