Prominent gefragt: Collien Ulmen-Fernandes

Wer hat potenziell mehr Macht: Bundesumweltminister Norbert Röttgen (l.) oder Daimler-Vorstandsvorsitzender Dieter Zetsche? Foto: DPA (2)

Collien Ulmen-Ferndandes fragt die Jugendredaktion: „Hättet ihr lieber eine führende Position in der Politik oder in der Wirtschaft?“


Die Jugendredaktion antwortet: Meine erste spontane Antwort auf die Frage war: „Weder noch“. In den Reihen der jüngeren Leute, die politisch eher links eingestellt sind, herrscht momentan eine Parteienverdrossenheit und ein regelrechter Hass auf alle vor allem, die in der Wirtschaft eine führende Position innehaben. Jeder, der sich mit Politik beschäftigt, hat die Hoffnung auf bessere Zeiten und einen Wandel zugunsten einer gerechteren Gesellschaft fast aufgegeben: Kaum ein Politiker steht mehr für das, was er sagt, Meinungen ändern sich mit der Schnelligkeit eines Aktienkurses, und wenn es um politische Ideale geht, fällt mir als erster Che Guevara ein, der ja mittlerweile auch schon seit mehr als vier Dekaden tot ist.


Demokratie ist eine tolle Sache, aber sie ist leider unglaublich langsam und setzt der Geldgier keine Grenzen. Sollte ich also Managerin in einem DAX-notierten Unternehmen werden, um so indirekt größeren Einfluss auf die Politik zu nehmen, als es Politiker selbst könnten? Oder werde ich doch lieber Politikerin mit dem Ideal, Gerechtigkeit zu schaffen, um nach ein paar Jahren in Abhängigkeiten und Kompromissen verwickelt zu scheitern?


Die Geld-oder-Macht-Frage ist keine Entweder-Oder-Entscheidung, im Gegenteil: Eines folgt dem anderen auf dem Fuß. Und wer eines hat, hält daran fest und verrät sich früher oder später selbst.


Ich habe die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass sich in unserer Gesellschaft eines Tages jeder guten Gewissens wohlfühlen kann. Und um dazu etwas beizutragen, würde ich wahrscheinlich eher in die Politik als in die Wirtschaft gehen. Da ich aber genügend Politiker sehe, die einmal mit besten Absichten angefangen haben und heute nutzlos an der Macht kleben wie Wulff lange Zeit am Schloss Bellevue, hätte ich Angst davor, irgendwann meine Überzeugungen zu verraten. Für die Wirtschaft wäre ich aber denkbar ungeeignet, da ich die antiquierte Meinung vertrete, dass ein menschenwürdiges Leben auch im Kapitalismus nicht unmöglich sein sollte, dass Umweltprobleme nicht gelöst werden, indem man sie über die Landesgrenzen schiebt und dass Werte nicht wachsen, nur weil sie dreimal verkauft werden.


Ihre Josephine Valeske, 15 Jahre


Prominente müssen der Presse ständig Tausende Fragen beantworten. Die 
Jugendredaktion dreht den Spieß um: Wir geben den Prominenten Antworten – auf alle Fragen dieser Welt.

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