Alter Egos: Selbstgespräche

Altersunabhängig sorgen öffentliche Selbstgespräche oft für Verwirrung. Foto: Photocase/Madochab

Alexander Ostermann, 19 Jahre: „Warum sprechen ältere Menschen des Öfteren mit sich selbst?“


Herr Höff antwortet: Vielleicht, weil sie keinen Hund oder ein anderes Haustier haben, mit dem sie sich unterhalten können. Katzen sollen ja auf Gesprächsangebote eher gleichgültig reagieren, aber Hunde wissen es zu schätzen, wenn sie angesprochen werden. Zugleich widersprechen sie nur im ganz seltenen Ausnahmefall. Das würde sogar einigen gar nicht so alten Zeitgenossen gefallen. Monologe sind schließlich nicht nur bei alten Menschen, sondern beispielsweise oft auch bei Vorgesetzten und solchen, die es gerne wären, die meistpraktizierte Gesprächsform.


Da der Mensch ein soziales Wesen ist, kann er auf Kontakte mit anderen Menschen nicht problemlos verzichten, und dazu gehört eben auch das Gespräch. Solange jemand durch Schule, Studium oder Beruf sozial eingebunden ist oder in einer Partnerschaft lebt, hat er Gesprächsstoff, wenn auch nicht immer angenehmen. Dafür, dass jemand keinen Gesprächspartner hat, kann es verschiedene Gründe geben, nicht nur das Alter. Ich habe einmal auf der Straße Unter den Linden eine etwa 35-jährige Person getroffen, die mit großem Pathos in ein vermeintliches Mobiltelefon sprach. Es stellte sich jedoch bald heraus, dass sie nur ein gut getarntes Selbstgespräch führte. Offensichtlich war ihr sehr daran gelegen, eine kommunikative Rolle auf der belebten Straße zu spielen.


In Jugendgruppen gibt es ja auch oft Wortführer, die es für selbstverständlich erachten, dass die anderen ihnen zuhören, wenn sie ihre neuesten Erlebnisse berichten. Sollte einer von ihnen plötzlich auf einer einsamen Insel stranden, würde er bald anfangen, die Bäume über sein Befinden aufzuklären. Ältere Menschen sind natürlich häufiger gefährdet zu vereinsamen. In einer Großstadt wie Berlin gibt es auch für ältere Bürger Möglichkeiten zu kommunizieren, in öffentlichen Veranstaltungen oder Seniorenfreizeitstätten. In schwach besiedelten Gebieten ist man eher auf Nachbarn und Bekannte angewiesen, die einen besuchen.


Eine herausgehobene Form des Selbstgespräches ist die Literatur. Ein Schriftsteller kommuniziert beim Schreiben ja quasi nur mit sich selbst – erst auf Lesungen hat er Kontakt zu seinen Lesern. Ältere Menschen als Leser können aber das Selbstgespräch des Schriftstellers zum Anlass interaktiver Kommunikation werden lassen, indem sie sich vielleicht mit Nachbarn über das Gelesene austauschen. Dann allerdings fängt womöglich der Hund an, Selbstgespräche zu führen.


Dein Manfred


Wer sind eigentlich diese Alter Egos, die mit der Kraft der zwei Erfahrungsschätze, in allen Lebenslagen Rat wissen? Frau Haube und Herr Höff haben sich 2010 in unserem Superoma- und Superopa-Casting durchgesetzt und beantworten seitdem eure Fragen. (Habt ihr eine? Schreibt uns unter blz-jugendredaktion@berliner-zeitung.de)



Hier könnt ihr sie kennenlernen, Film ab:

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Kategorien Politik

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