Der Vollstrecker kommt schneller als gedacht

Leere Hosentaschen Foto: Benjamin Thorn / pixelio.de

Für viele Jugendliche ist es schwer, den Wert des Geldes abzuschätzen


Geld ist Mangelware, zumindest für einen Teil der Gesellschaft. Gerade bei vielen Jugendlichen herrscht gähnende Leere in den Portemonnaies. Verlockende Schaufenster und bunte Werbungen erhöhen den Kaufdruck auf die junge Generation. Heute darf es nicht mehr nur ein neues Handy sein, nein, es muss das aktuellste iPhone sein. Sonst gehört man irgendwie nicht richtig zu den Coolen.


„Unsere Konsumgesellschaft überhäuft junge Leute mit Angeboten“, sagt Jürgen Parr, Direktionsleiter der Deutschen Vermögensberatung in Berlin. Der 47-Jährige ist Experte für Finanzen, Absicherung und Vorsorge. „Vielen fällt es schwer, den Verlockungen des Alltags zu widerstehen und ein eigenes Bewusstsein für das Notwendige zu entwickeln.“ Parr unterscheidet drei Gruppen von Jugendlichen. Die erste zeige Interesse an Geld und könne gut damit umgehen. Die zweite sei eher pragmatisch, gebe ihr Geld meist sofort aus, mache aber keine Schulden. Die dritte dagegen gebe ihr Geld ohne Hemmungen aus und verschulde sich häufig. „Etwa 15 Prozent der 18- bis 20-Jährigen gehören in diese letzte Gruppe. Meist besitzen sie eine EC-Karte, mit der sie bargeldlos zahlen können, was sich oft fatal auf ihr finanzielles Bewusstsein auswirkt“, so Parr.


Das Taschengeld der Jugendlichen fließt hauptsächlich in neue Klamotten, Geschenke, Essen und Getränke mit Freunden, die neuesten technischen Geräte und Hobbys. Aber auch teure Handy-Tarife und Klingelton-Abonnements ziehen den Schülern das Geld aus der Tasche. Schneller als viele denken, sind sie mit überzogenen Konten, Mahnungen und Vollstreckungsbescheiden konfrontiert.



Schulden entstehen auf Vertragsbasis. „Ohne die Zustimmung der Eltern sind Verträge, die Jugendliche schließen, nichtig“, sagt Ullrich Schellenberg, Vorsitzender des Berliner Anwaltsvereins. Ist aber der Vollstreckungsbescheid bereits im Briefkasten, wird der Vertrag auch bei unter 18-Jährigen wirksam. „In dem Fall bieten wir eine kostenlose Rechtsberatung für Jugendliche aus armen Familien “, sagt Schellenberg. „Wir informieren sie über einen förderlichen Umgang mit Geld im Alltag und über den Wert von Extraaufwendungen.“


Für viele Jugendliche ist es schwer, überhaupt eine Beziehung zu Geld aufzubauen und dessen Wert abschätzen zu können. „Gerade in den Schulen fehlt ein Lehrplan, der finanzielle Fragen behandelt“, bemängelt Parr. Langfristig würde es sich für die Gesellschaft rechnen, an dieser Stelle zu investieren, um Neuverschuldungen zu verhindern.


Von Katrin Hartmann

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Kategorien Politik

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