Von Marie-Sophie Röder, 19 Jahre
Montagmorgen, acht Uhr. Vor mir steht ein Straftäter. Gemeint ist mein Lehrer, der mehr als zwölf Prozent, beziehungsweise 20 Seiten eines Schulbuches für die gähnende Meute neben mir fotokopiert hat. Oder es gar gewagt hat, dieses Material zu digitalisieren. Aber bald ist der Täter sicher gefasst, der geplante Schultrojaner wird die Raubkopierer meiner Schule ausfindig machen.
Klingt absurd, aber Schulbuchverlage planen tatsächlich, eine Überwachungssoftware an Berliner Schulen einzuführen, die Urheberrechtsverletzungen aufspürt. Allen, denen auf diese Weise ein Gesetzesbruch nachgewiesen werden kann, drohen dann disziplinarische Maßnahmen.
Dass eine Software, die sämtliche Daten des Schulsystems durchleuchtet, ein erheblicher Eingriff in die Bürgerrechte der Lehrer und Schüler ist, steht außer Frage. Denn es gibt keine Garantie, dass nicht auch Schülerdateien oder gar private E-Mails gescannt werden. Vor allem ist aber schade, dass Lehrer, die angefangen haben, den langweiligen Frontalunterricht mit modernen Medien aufzupeppen, eingeschränkt und verunsichert werden. Offensichtlich ist auch das wirtschaftliche Interesse der Verlage, das hinter dem Plan steckt. Statt sich diesem zu beugen, sollte Schülern eine kostenlose Bereitstellung von Wissen garantiert werden.
Es ist zudem zu hinterfragen, ob die Überprüfung der Schulen auf Plagiate tatsächlich in den Aufgabenbereich der Verlage fällt. Einzig und allein die Schulverwaltung sollte hier – wenn überhaupt – aktiv werden, jedoch lieber über einen Antrag auf Überarbeitung des Urheberrechts im schulischen Bereich nachsinnen. Denn um acht Uhr morgens im Halbschlaf würde ich gern wieder einem Lehrer gegenübersitzen, der sich die digitalen Möglichkeiten unserer Zeit zunutze macht, ohne vor einem Disziplinarverfahren zittern zu müssen.
Was haltet ihr vom Schultrojaner? Sagt eure Meinung!