Papa ante portas


Umstritten: der Papst / Foto: DPA

Am Donnerstag kommt der Papst nach Berlin. Anlass zur Freude? Zwei Jugendliche diskutieren


notiert von Josephine Valeske, 15 Jahre


Während viele den Papstbesuch am 22. September als Ehre begreifen, gibt es unter vielen jungen Leuten Proteste: Am Tag der Messe ist eine Gegendemonstration vom Potsdamer Platz zum Bebelplatz geplant. Für alle, die nicht wissen, ob sie frohlocken oder protestieren sollen, haben Luise Metz und Lisa miteinander diskutiert. Lisa, 16 Jahre alt, wird die Messe als gläubige Katholikin besuchen, während die 14-jährige Luise gegen den Papst demonstrieren wird.


Luise: Mich stört, dass um den Papstbesuch so ein Riesentrubel gemacht wird und zum Beispiel der Bürgermeister sagt, dass Berlin sich auf den Besuch freut. Es freut sich mitnichten die ganze Stadt auf den Papst. Viele finden dessen Ansichten sehr kontraproduktiv für die Lösung der heutigen Probleme.


Lisa: Die Kirche trägt auf der ganzen Welt zur Lösung von Problemen wie Hunger, Not und Krankheit bei, das sollte man nicht vergessen. Und der Papst ist der Vertreter einer der großen Weltreligionen, deswegen ist ein großer Empfang selbstverständlich und gerechtfertigt – wie bei anderen bedeutenden Menschen auch.


Luise: Generell soll jeder Mensch glauben, was er will. Aber die Demonstration finde ich dennoch richtig. Wieso soll ich mich auf den Besuch einer Person freuen, die sich gegen Homosexualität, den Schutz vor AIDS und Abtreibung richtet? Gegenüber Intoleranz muss man nicht tolerant sein.


Lisa: Der Papst hat ausdrücklich erklärt, dass jeder Mensch, so wie er ist, von Gott gewollt und angenommen ist. Er weiß auch, dass es Menschen gibt, die homosexuell fühlen. Im christlichen Glauben ist jedoch der Mensch Teil einer Schöpfungsordnung, in der Mann und Frau füreinander geschaffen sind. Hieraus aber abzuleiten, dass der Papst Empfindungen verbietet, ist absurd.


Luise: Ja, aber indem er nur Mann und Frau als füreinander geschaffen ansieht und vom Menschen fordert, dass er die Schöpfung akzeptiert, erteilt er anderen Formen des Zusammenlebens eine Absage, etwa der gelebten Homosexualität. Und Verhütung lehnt er auch ab, wie passt das in unsere Zeit? Findest du als Gläubige Verhütung in Ordnung?


Lisa: Eine dem Menschen würdige Sexualität bedeutet eine tiefe innere Zuneigung und Liebe. Man muss Verantwortung im Ganzen füreinander übernehmen, die sich nicht auf den Gebrauch eines Kondoms beschränken darf. Insofern ist nicht die Verwendung des Kondoms das Problem, sondern die damit verbundene Verführung, sich auf der Möglichkeit der Benutzung eines Kondoms auszuruhen, statt wahre Verantwortung zu übernehmen.


Luise: Aber die Schuld für die Tatsache, dass manche Menschen keine Verantwortung übernehmen wollen, kann man doch nicht einem Kondom zuschreiben. Das ist so vereinfacht gedacht. Im Grunde traut der Papst den Menschen nicht zu, dass sie selbst gute und für sie richtige Entscheidungen treffen können, und meint, sie vor sich selbst schützen zu müssen. Viele Religionen drängen Menschen in Rollenbilder, in die sie eben manchmal nicht passen. Und viele Menschen ruhen sich darauf aus, damit sie nicht selbst die volle Verantwortung für das eigene Handeln übernehmen müssen.


Lisa: Ich habe nicht den Eindruck, dass sich viele Menschen irgendetwas vom Papst vorschreiben lassen. Die meisten sind zwar an den Ansichten des Papstes interessiert, aber reagieren darauf mit Geringschätzung. Auf die tröstenden und unterstützenden Aspekte der Religion greifen sie dann zurück, wenn sie in eine Notsituation geraten. Grundsätzlich würde ich aber sagen, dass der Papst trotzdem großen Einfluss hat. An dem großen öffentlichen Interesse und der Berichterstattung rund um den Besuch kann man sehen, dass sich das Interesse nicht nur auf die Katholiken beschränkt.



Freut ihr euch auf den Papst? Diskutiert hier mit uns.

Das könnte Dich auch interessieren

Kategorien Politik

Auf spreewild.de berichten wir über alles, was uns bewegt – über Schule, Politik und Freizeit, Liebesglück und -kummer oder den Schlamassel mit der eigenen Zukunft. Wir bieten Hintergrundgeschichten zu den Artikeln, die wir auf der Jugendseite veröffentlicht haben, stellen Fotos und Videos ins Netz. Dazu gibt es die Fotoserien der Jugendredaktion, Musik-, Buch- und Filmbesprechungen sowie all die Fragen, die uns die Prominenten jede Woche stellen.