Klartext: Zum Glück ist nicht alles kontrollierbar

Vivian Yurdakul ist gegen ein offizielles Verbot von Facebook-Partys. Foto: Privat

von Vivian Yurdakul, 21 Jahre


Wer mehr über sich selbst erfahren möchte, sollte sich ein Face­book-Profil zulegen. Das weiß jedes Kind. Denn einmal registriert, sammelt das Netzwerk unaufhörlich Informationen über seine Nutzer, findet deren reale Freunde, sagt allen, wo man sich gerade befindet, und erlaubt es Hinz und Kunz, Fotos von einem zur öffentlichen Ansicht zu verlinken. Facebook, so heißt es, ermöglicht es seinen Nutzern, sich gegenseitig zu überwachen. In der vergangenen Woche nun kamen die Innenminister mehrerer Bundesländer auf die Idee, das Treiben einzuschränken. Ausgelöst durch außer Kontrolle geratene Partys, die über Facebook organisiert wurden – wie „Thessas Geburtstag“ in Hamburg, zu dem unerwartet etwa 1 500 Menschen kamen – forderten unter anderem Uwe Schünemann (CDU) und Ralf Jäger (SPD), Innenminister von Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen, ein Verbot sogenannter Facebook-Partys.


Diese Forderung ist nicht nur deshalb falsch, weil ein solches Verbot einer Zensur im Internet gleichkäme, sondern auch, weil sie schlichtweg nicht umsetzbar wäre. Es ist überhaupt nicht klar, für welche Veranstaltungen das Gesetz anwendbar ist – ab welchem Punkt ist abzusehen, dass eine Party außer Kontrolle geraten könnte?  Außerdem gibt es tausend andere Möglichkeiten, sich im Internet zu organisieren. Allein der Gedanke, dies kon­trollieren zu können, ist naiv, hält man sich vor Augen, dass in Nord­afrika Diktaturen mit Hilfe des Internets gestürzt wurden, ohne dass die Regimes etwas dagegen unternehmen konnten.


Im Übrigen ist das Phänomen der Massenveranstaltungen, die über das Internet organisiert werden, keineswegs etwas, das es erst seit vergangener Woche gibt. Sogenannte Flashmobs, Gruppen von Leuten, die sich über soziale Netzwerke verabreden, um beispielsweise eine Kissenschlacht auf dem Alexanderplatz zu veranstalten, wurden bisher eher als Kunstprojekte verstanden und störten keinen Politiker.


Politiker können nichts tun, um Facebook-Partys zu verhindern, und sollten es auch nicht versuchen. Das Unternehmen Facebook selbst ist gefragt. Aus Ereignissen wie „Thessas Geburtstag“ sollte das Netzwerk lernen, dass es womöglich nicht gut ist, wenn jeder alles sehen kann, und endlich anfangen, seinen Nutzern den Schutz der Privatsphäre nicht mehr so verdammt schwer zu machen.


Schon mal auf einer Facebook-Party außer Kontrolle geraten? Was haltet ihr von einem Verbot dieser Events? Diskutiert mit uns!

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Kategorien Politik

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