Klartext: Endlich von den Schülern gelernt


privat Vivian Yurdakul ist froh, dass Berliner Lehrer die Kunst des Protests beherrschen. Foto: privat


von Vivian Yurdakul, 20 Jahre


Im Schulalltag gibt es Dialoge, die immer wiederkehren, nach einem festen Muster verlaufen und von den meisten Lehrern als sehr ermüdend empfunden werden. Das wahrscheinlich häufigste Beispiel hierfür sind Streitgespräche, die mit der Ermahnung des Lehrers „Was machst du denn da? Ich habe dir doch gerade gesagt, du sollst nicht …“ beginnen, üblicherweise mit der Erwiderung des Schülers „Nein, Sie haben nur gesagt …“ weitergehen und vom Lehrer nach einigem Hin und Her mit dem Satz „Du weißt eigentlich ganz genau, was ich gemeint habe“ beendet werden. So anstrengend solche Diskussionen für die meisten Pädagogen sein dürften, offensichtlich waren sie nicht ganz ohne Nutzen für sie.


Wenn man sich ansieht, wie Berlins Lehrkräfte die für den 9. Juni angekündigten Bildungsproteste vorbereiten, zeigt sich: Die Lehrer haben von ihren Schülern gelernt, wie man Verbote geschickt umgeht. Nach den Streiks im April machte die Senatsbildungsverwaltung verbeamteten Lehrern mit Disziplinarmaßnahmen klar, dass sie nicht streiken dürfen. Am Donnerstag sollen sich dennoch Beamte in den Demonstrationszug einreihen, der vom Rosa-Luxemburg-Platz zum Pariser Platz führt – ohne Strafen fürchten zu müssen. Denn sie wollen die Bildungsproteste als Projekt- oder Wandertage deklarieren. Gegen solche kann die Senatsverwaltung, nichts einwenden.


Gleichzeitig wollen die Lehrer ihren Schülern so Gelegenheit geben, ebenfalls an den Bildungsprotesten teilzunehmen. Mehr Investition in Bildung, mehr Lehrpersonal und bessere Ausstattung wünschen sich schließlich alle, die täglich in die Schule gehen. Nicht umsonst ruft nicht nur die Lehrergewerkschaft GEW zu Protesten auf, sondern auch der Landesschülerausschuss.


Was man bei der Senatsverwaltung wohl als Winkeladvokatenzug sieht, ist das richtige Vorgehen. Dass die Verwaltung den Plan zu durchkreuzen versucht, indem sie Schülern Fehlstunden androht, sollten sie demonstrieren, zeigt, dass die Proteste gefürchtet werden. „Jetzt erst recht“, sollte also die Devise lauten.


Findet Ihr, dass Lehrer das Recht auf Streik haben? Diskutiert mit uns!

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Kategorien Politik

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