Lasst uns bitte weiter zusammen studieren


von Philipp Kay Köppen, 20 Jahre


Philipp Kay Köppen: „Reine Studiengänge für Frauen sind ein Rückschritt“. Foto: privat.

Kürzlich schrieb sich eine Kommilitonin von mir in das Seminar „Rhetorik für Studentinnen“ ein. Ein Kurs, der sich seiner Beschreibung zufolge in keiner Weise von einem gewöhnlichen Seminar für Redetraining unterscheidet. Man möchte eben nur jegliche Interaktion mit dem männlichen Geschlecht vermeiden.


Es scheint, als sei diese Abschottung ein neuer Trend. Mittlerweile gibt es fünf Studiengänge in Deutschland, die nur Studentinnen vorbehalten sind. Meist handelt es sich um Studiengänge, die ansonsten zum Großteil von Männern belegt werden, zum Beispiel Informatik.


In den Studiengängen für Frauen soll nun explizit auf die Lernbedürfnisse der weiblichen Absolventen eingegangen werden.


Allerdings beeindrucken die Begründungen für die Existenz dieser Studiengänge auch mit einer Flut von Stereotypen und Vorurteilen. Während Männer oft mit unzulänglichem Halbwissen einschüchtern würden, besäßen Frauen sogenannte „Soft Skills“, besondere Talente für Kommunikation und Teamwork, heißt es.


Ironischerweise sind es gerade die Damen mit dem Kommunikations­talent, die in Interviews behaupten, in gemischten Studiengängen nicht den Mut gefunden zu haben, sich zu melden und Zwischenfragen zu stellen. Sobald aber der männliche Faktor aus der Gleichung genommen wird, erblühen sie in ihrem Fachgebiet.


Wo soll das hinführen? Wenn wir den Gedanken zu Ende denken, werden diese Studentinnen womöglich eines Tages in all-female Tochtergesellschaften von Microsoft oder Google arbeiten und Staatsangehörige der Bundesrepublik Deutschland für Bürgerinnen sein.


Ein ähnliches Phänomen ließ sich Anfang des 20. Jahrhunderts zwischen den weißen und schwarzen Bürgern der USA beobachten: die Segregation. Separate but equal, getrennt aber gleich, lautete damals die Devise. Weiße und Schwarze hatten demzufolge die gleichen Rechte. Dennoch gab es All-black-Schulen, All-black-Krankenhäuser und All-black-Gefängnisse, in denen Schwarze getrennt von Weißen waren.


1954 bereitete der Oberste Gerichtshof der USA dem glücklicherweise ein Ende. Er entschied: Mit Gleichheit habe dieser Unfug nichts zu tun. Im Gegenteil: Die radikale Trennung zweier Bevölkerungsgruppen könne für keine der beiden vorteilhaft sein.




In diesem Sinne möchte ich daher alle Neo-Feministen bitten, nicht in die alten Stereotypen zu verfallen und die Arbeit der Emanzipationsbewegung der 70er-Jahre nicht über den Haufen zu werfen.


Ich bin mir auch aufgrund eigener Erfahrungen sicher, dass Studentinnen ebensogut in einem gemischten Studiengang aufblühen können. Zugunsten des gemeinsamen akademischen Fortschritts verspreche ich sogar, mich mit meinem mörderischen Halbwissen zurückzuhalten.

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Kategorien Politik

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