Die Regierung versucht, ihre Noten zu retten

von Vivian Yurdakul, 20 Jahre



Foto: privat

Am vergangenen Freitag wurden in den Schulen Halbjahreszeugnisse verteilt. In den Wochen davor erreicht die Motivation, etwas für die Schule zu tun, traditionell ungeahnte Höhen – freiwillige Referate halten, Hausaufgaben abgeben, sich zur mündlichen Vokalbelkontrolle melden – alles, um die Zeugnisnoten doch noch zu retten.


Etwas Ähnliches scheint momentan auch die Berliner Regierung zu tun. Denn auch ihr stehen bald Zeugnisse ins Haus – in Gestalt der Abgeordnetenhauswahl im September. Der Versuch des Senats, in letzter Sekunde noch die Zensuren für die Bildungspolitik zu retten: In der vergangenen Woche unterzeichneten der Regierende Bürgermeister, Vertreter des Senats sowie der Wirtschaft und des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) die „Berliner Vereinbarung zur Nachwuchskräftesicherung für Unternehmen durch Ausbildung“.


Was darin steht, klingt zunächst gut: Alle Schulen sollen Partnerschaften mit Unternehmen eingehen, schwächere Schüler sollen von ehrenamtlichen Lernpaten betreut, Jugendliche mit Migrationshintergrund besonders gefördert werden. Ziel ist es, dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken und allen Jugendlichen einen Ausbildungsplatz zu sichern. Allerdings muss man fragen: Warum erst jetzt? Alle Probleme, die mit Hilfe des Papiers gelöst werden sollen, sind lange bekannt. Weshalb also kümmert sich die Regierung erst jetzt, da die nächsten Wahlen in absehbare Nähe gerückt sind, darum? Schließlich gibt es in Berlin bereits heute mehr als 14 000 ausbildungslose Jugendliche unter 25 Jahren.


Hinzu kommt, dass die Vereinbarung mit dem Rotstift geschrieben wurde. Das Vorhaben, schwächere Schüler von ehrenamtlichen Paten betreuen zu lassen, ist in Wahrheit nichts weiter als eine Sparmaßnahme. Richtig wäre es, studierte Lehrer für die Förderung einzustellen.


Die Regierung bleibt also weiterhin versetzungsgefährdet.

Das könnte Dich auch interessieren

Kategorien Politik

Auf spreewild.de berichten wir über alles, was uns bewegt – über Schule, Politik und Freizeit, Liebesglück und -kummer oder den Schlamassel mit der eigenen Zukunft. Wir bieten Hintergrundgeschichten zu den Artikeln, die wir auf der Jugendseite veröffentlicht haben, stellen Fotos und Videos ins Netz. Dazu gibt es die Fotoserien der Jugendredaktion, Musik-, Buch- und Filmbesprechungen sowie all die Fragen, die uns die Prominenten jede Woche stellen.