Politischer Konflikt in Ecuador: Jugendreporter Felix stand unter Hausarrest
von Felix Szabó, 19 Jahre
CUENCA/ECUADOR. Ich arbeite zurzeit als Freiwilliger in Ecuador in einem Jugendzentrum. Dort stehen vor allem die Themen sexuelle Aufklärung und Gewaltprävention auf dem Programm. So auch am Donnerstag vor elf Tagen. Da plötzlich kommt Unruhe auf, die Kollegen versammeln sich aufgeregt vor dem Fernseher und reden wild durcheinander. Da mein Spanisch noch nicht perfekt ist, muss ich fragen, was da los ist. Polizeiaufstand, das ist los.
Als Reaktion auf die Streichung einiger Boni und Vergünstigungen rebelliert die Polizei. Immer wieder wird eine flammende Rede des Präsidenten gezeigt, während der er sich vor aufgebrachter Menge das Hemd aufreißt, um zu zeigen, dass er keine kugelsichere Weste trägt. „Wenn ihr den Präsidenten töten wollt, hier steht er. Tötet mich!“, schreit er. Beim Versuch das Gelände zu verlassen, wird er verletzt und in ein Polizeikrankenhaus gebracht, das er offenbar nicht frei verlassen kann. In Folge sind die Flughäfen der beiden größten Städte des Landes blockiert, die Polizei stellt weitgehend die Arbeit ein, und es gibt Berichte über randalierende Polizisten.
Kurz nach zwölf Uhr trifft eine SMS meiner Organisation ein: „Es gibt ein politisches Problem.“ Darauf folgt die Bitte, sich nach Hause fahren zu lassen und dort zu bleiben. Ungewöhnliche Anweisungen für jemanden, der aus Deutschland kommt, dem Land des Dauernormalzustands.
Mein Chef nimmt mich mit zu sich, später fährt er mich nach Hause, wobei er einen großen Bogen um das Zentrum macht. Ich sehe nichts Besonderes, aber auch keine Polizei. Gar keine, das ist schon ungewöhnlich. Um halb drei erhalten wir die Sicherheitsanweisung, das Haus bis auf weiteres nicht zu verlassen außer zur Versorungssicherung.
Tote bei Schusswechsel
Am Abend wird die Anweisung das Haus nicht zu verlassen, bis auf Sonntag festgesetzt, drei Tage nicht raus! Zum Glück habe ich Internet und kann meiner Familie Bescheid sagen, dass es mir gut geht. Und ich kann die Nachrichten beobachten, auch wenn alle Fernsehkanäle nur noch das Programm des staatlichen Senders zeigen.
Am Morgen des Freitags sind im Fernsehen Bilder der Befreiung des Präsidenten aus dem Krankenhaus zu sehen, bei den Schusswechseln gibt es Verletzte und Tote. Ansonsten scheint die Lage bereits bedeutend ruhiger zu sein, in Cuenca selbst passiert offenbar gar nichts.
Auch am Sonnabend stelle ich mich aufs Nichtstun ein, doch vormittags kommt der erlösende Anruf. Wir dürfen raus. Ich treffe mich mit meinen Freunden in der Stadt. Tatsächlich ist das Militär hier präsent: Gelangweilt stehen sieben Soldaten vor dem Gebäude der Provinzregierung. Die einzigen, die etwas agiler wirken, ist eine „Spezialeinheit“: die fröhlich spielende Militärkapelle. Damit fällt die Sorge um meine Sicherheit endgültig von mir ab.