Klartext


Migranten sollten auf Tour gehen


von Vivian Yurdakul, 20 Jahre




In Deutschland lernen viele Schüler mit Migrationshintergrund. Der Prozentsatz an Lehrern nichtdeutscher Herkunft beträgt aber nur ungefähr ein Prozent. Deshalb fordert nach dem Berliner Bildungssenator nun auch Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU), dass die deutschen Lehrerzimmer globaler werden sollen. Seine Hoffnung: Lehrer mit Migrationshintergrund könnten Schülern mit ebensolchem als Vorbilder dienen. Überdies könnten sie als interkulturelle Vermittler fungieren – zwischen Schülern verschiedener Herkunft, zwischen Lehrern und Schülern sowie auch zwischen Eltern und der Schule.


Eine Studie, die die Berliner Erziehungswissenschaftlerin Viola Georgi am Freitag vorgestellt hat, zeigt allerdings: Viele Lehrer mit Migrationshintergrund sehen sich selbst nicht als Experten für interkulturelle Verständigung, viele wollen auch nicht die Sozialarbeiterrolle übernehmen. Und damit sind sie voll im Recht: Man kann nur aufgrund seiner Herkunft von einem Lehrer nicht erwarten oder gar verlangen, sich stärker um die Integrationsprobleme an einer Schule zu kümmern als seine deutschen Kollegen. Jeder Lehrer muss in erster Linie Lehrer sein dürfen.


Viel versprechend klingt hingegen die Maßnahme, die Georgi nach kanadischem Vorbild vorschlä: An den dortigen Schulen arbeiten so genannte Settlement Coaches, Integrationshelfer aus unterschiedlichen Herkunftsländern. An jedem Tag in der Woche ist ein anderer Coach an der Schule, der Schülern und Eltern in ihrer Muttersprache helfen kann. Dieses Modell könnte auch in Deutschland funktionieren. Am Montag könnten beispielsweise türkischstämmige Schüler ihren Settlement Coach aufsuchen, am Dienstag arabische und am Mittwoch russische.


Im Rotationsprinzip würden die Settlement Coaches an fünf Tagen in der Woche jeweils an einer anderen Schule arbeiten. So hätte man viel für Chancengleichheit und ein positives Schulklima getan, ohne dem Berliner Bildungshaushalt allzu große Wunden zu reißen. Ganz abgesehen davon, dass nicht mehr die Lehrer die zusäzliche Funktion des Sozialarbeiters erfüllen müssten und stattdessen wieder mehr Zeit hätten, ihren Schülern etwas beizubringen. So wie in Kanada, das bei den PISA-Studien der vergangen Jahre im Gegensatz zu Deutschland wohl nicht ohne Grund immer im Spitzenbereich abschnitt.


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Kategorien Politik

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