von Ludwig Döring, 19 Jahre
Seit Juni hängen in Weißensee Flyer und Plakate, die einen jungen Mann als Neonazi mit Foto, Adresse und Informationen über seine rechten Tätigkeiten zu erkennen geben. Mit dieser Kampagne soll die Bevölkerung erfahren, wer in ihrer Umgebung wohnt.
Diese Form der Anprangerung wird sowohl von Rechten als auch, wie in diesem Fall, von Linken betrieben. Und auch im Internet. Dort findet sich für die Veröffentlichung von Daten und Fotos ein noch größeres Publikum. Und zumindest indirekt wird dort oft zum – auch gewalt-tätigen – Handeln aufgerufen. Andererseits erleichtert das Internet natürlich auch den Zugang zu Informationen über die betreffenden Personen.
Rechtlich gesehen ist die Verbreitung von privaten Daten natürlich verboten und fällt unter das Persönlichkeitsrecht und den Datenschutz. Trotzdem ist Outing im Internet laut der Initiative klicksafe, die Jugendliche über Urheber- und Persönlichkeitsrechte im Internet informiert, ein kaum geahndetes Delikt, solange die betroffene Person keine Anzeige erstattet.
Die moralische Frage wiegt da viel schwerer. Natürlich möchte man gern wissen, wer in seinem Umfeld lebt, speziell wenn es sich dabei um aggressive Rechtsradikale handelt. Aber durch die Veröffentlichung privater Daten schaukelt sich die Spannung zwischen den verfeindeten Parteien, in diesem Fall den Rechten und den Linken, immer weiter hoch, denn die Opposition wird immer kontern. Und da stellt sich auch die Frage, ob man sein -eigenes Bild auf Plakaten auf der Straße sehen möchte, was als Konsequenz natürlich möglich ist.
Nun ist die Anprangermethode kein Massenphänomen – als normal politisch interessierter und engagierter Bürger wird man in dieser Hinsicht kaum Probleme bekommen. Trotzdem ist es möglich, dass durch diese Art der Denunziation Leute ins öffentliche Blickfeld geraten, die beispielsweise als Teilnehmer einer Demonstration fotografiert wurden und dann eingeschüchtert werden sollen.
Ein Urteil zu fällen, ohne dabei die eigene politische Überzeugung in den Vordergrund zu stellen, ist bei diesem Thema schwer. Wenn es sich um klare Gewaltaufrufe handelt, muss sofort Einhalt geboten werden, bei Rechten genauso wie bei Linken. Um also über meinen eigenen Schatten in Form meiner Meinung zu springen, komme ich zu dem Schluss: In einem Land, in dem Meinungsfreiheit herrscht, muss jegliche Form der Denunziation geahndet werden.