´54, ´74, ´90 und auch 2010?

von Amadeus Marzai, 13 Jahre


Johannesburg in der Nacht des 11. Juli. Michael Ballack, der Kapitän der deutschen Fussball-Nationalmannschaft, streckt den WM-Pokal in den Himmel des Soccer City Stadiums. Die Fanmeilen der gesamten Republik platzen aus allen Nähten, kein Mensch denkt daran schlafen zu gehen, abgesehen davon dass der Geräuschpegel, der sich vor allem aus hupenden Autokorsos zusammensetzt, gar nicht die Möglichkeit dazu gibt.


Wie realistisch ist dieses Szenario von dem so viele deutsche Fussballfans träumen? Die Voraussetzungen stehen so schlecht wie lange nicht mehr, denn die Mannschaft, die in den letzten Jahren ohnehin nicht von großen Einzelspielern gelebt hat, präsentiert sich als Kollektiv einfallslos. Wenn man aus Motivationsgründen in einem bedeutungslosen Qualifikationsspiel gegen Finnland nur 1:1 spielt, geht das vielleicht noch in Ordnung, nicht aber, wenn ähnliches gleich bei mehreren Spielen vorkommt, wie gegen die Elfenbeinküste (2:2) oder gegen Argentinien (0:1). Alles enttäuschende Heimspiele für die Fans, die eine Menge Geld für eine Eintrittskarte hingeblättert haben.


Ein Grund dafür ist vielleicht, dass es einfach an Qualität, internationaler Erfahrung und an Führungsspielern fehlt. So ist man beispielsweise auf der Torwartposition mit vielen potenziellen WM-Kandidaten aufgestellt, aber keiner von diesen ist mit überdurchschnittlichem Können gesegnet. Auch die Abwehr hat sich in letzter Zeit nicht gerade als unüberwindlich gezeigt. Dem Mittelfeld, das einstige Prachtstück, fehlt es seit dem verletzungsbedingten Karriereende von Bernd Schneider und der Ausmusterung von Torsten Frings an Kreativität. Diese Lücke kann auch Youngster Mesut Özil nicht füllen, denn dieser spielt derzeit viel zu unkonstant. Auch der Sturm ist eine einzige Baustelle – Lukas Podolski und Miroslav Klose sind weit von der WM-Form entfernt. Kloses Münchner Kollege Mario Gomez zeigt zwar bessere Leistungen, diese würden aber ebenfalls nicht für die Bezeichnung WM-tauglich reichen. Kleine Lichtblicke stellen der bisherige Bundesliga-Toptorjäger Stefan Kießling und der erstarkte Cacau dar. Auch der Schalker Kevin Kuranyi zeigt starke Leistungen, die WM wird aber wahrscheinlich ohne ihn stattfinden, da dessen Beziehung zu Bundestrainer Joachim Löw auf Eis liegt.

Löw seinerseits liebäugelt nach gescheiterten Vertragsverhandlungen mit dem DFB mit dem Rücktritt nach der WM. Auch das wirkt sich sicherlich nicht positiv auf die Motivation der Mannschaft aus. Und auch das WM-Quartier der DFB-Delegation präsentiert sich nicht gerade als professionell. So befindet es sich derzeit im Umbau, und für die deutsche Mannschaft muss extra noch ein Trainingsplatz mit Flutlichtern errichtet werden. Hinzu kommt, dass das Velmore Grande Hotel, welches sich in der Nähe von Pretoria befindet, genau neben einem Schrottplatz liegt. Ob die deutsche Mannschaft auch nur Schrott zusammenspielt, wird sich zeigen.

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Kategorien Politik

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