Jeder Mensch um die 20 hat doch einen Instagram-Account. Jeder? Nicht ganz! Spreewild-Autorin Minou möchte bis heute kein Teil der schönen Scheinwelt sein – und hat dafür gute Gründe.
Von Minou Becker
Sonntagmorgen. Ich sitze mit meinen Mitbewohnern in unserer kleinen WG-Küche. Wir reden angeregt über verschiedenste Themen. Bilder des letzten Abends werden durchgeschaut und überlegt, welches auf Instagram gepostet werden soll. Mein Beitrag dazu: „Leute, das ist doch so ein Quatsch, warum gebt ihr euch dieser Fake-Show hin?“ Augenblicklich entbrennt eine unserer hitzigen Diskussionen über Social Media.
Ja, ich habe kein Instagram. Für die meisten Mädchen meiner Generation ist das eine unvorstellbare Tatsache. Meine Mitbewohner erklären mir, dass sie einfach nur mit Freunden ihre schönen Momente teilen und zeigen wollen, was sie gerade so treiben. Ganz natürlich. Ein Blick auf ihre Profile verrät aber schnell: Diese Bilder sind wirklich schön, aber nicht natürlich.
Eine perfekte Müslibowl mit dem Herzschaumkaffee am Morgen – nein, so sieht die Realität nicht immer aus. Wo sind die Bilder von traurigen Gesichtern im Regen, weil man den Bus verpasst hat, oder von der vollen Spülmaschine, die auch noch ausgeräumt werden muss? Jaja, für die Öffentlichkeit nur das Beste.
In mir lösen diese perfekten Bilder schnell Selbstzweifel aus. Ein Foto der letzten „unvergesslichen“ Party, auf der ich nicht sein konnte, und schon fühle ich mich etwas kleiner. Dann erwächst das Bedürfnis, selber der Welt beweisen zu müssen, wie genial mein Leben doch sei. Und genau das will ich nicht! Ich will nicht an einem schönen Sommertag den Sonnenuntergang nur unter der möglichen Like-Anzahl betrachten oder das Urlaubsbild mit der Hoffnung auf gute Kommentare schießen. Mich würde das auf kurz oder lang kaputtmachen. Das weiß ich.
Jetzt werden viele von euch denken, dass ich hier eine sehr einseitige, negative und verurteilende Sicht einnehme. Mir ist bewusst, dass Instagram auch eine einzigartige Möglichkeit zur Vernetzung oder zum Entdecken von kreativen, inspirierenden Persönlichkeiten ist. Und eine Informationsquelle. In erster Linie geht es aber um etwas anderes. Und solange das so ist, ist für mich klar: Instagram geht nicht.