Eine Hand klebt Sticker an einen Rolladen
Unfollow Patriarchy ist die aktuelle Kampagne von Gender Equality Media.
Interview

Wie 13 junge Menschen den Sexismus in der Medienwelt abschaffen wollen

Deutsche Medien haben ein Sexismus-Problem, sagt Anne Jacob vom Verein „Gender Equality Media“. Die 25-Jährige durchforstet die Medien täglich ehrenamtlich nach sexistischen Bildern, Artikeln und Worten. Ihr Ziel: ein Kulturwandel in der Medienlandschaft.

Das Interview führte Selly Häußler, 28 Jahre

Ihr kritisiert, die deutsche Berichterstattung sei oft sexistisch. Was läuft deiner Meinung nach falsch?

Wir scannen die Medien seit zweieinhalb Jahren. Dabei sind uns bestimmte Strukturen aufgefallen, die hinter dem Sexismus stehen. Zum Beispiel die Verharmlosung von sexualisierter Gewalt gegen Frauen in den Medien. Da ist dann zum Beispiel die Rede von „Sex-Täter“. Wenn man liest, es war eine „Sex-Tat“ statt einer Vergewaltigung, dann wirkt die Tat nur halb so schlimm. Das wiederum mündet dann auch in reeller Gewalt. Das ist ein Problem, das auch Studien belegen. Wenn man regelmäßig die Begrifflichkeiten und Objektifizierungen von Frauen medial befeuert und unterstützt, kann das zu einer gesellschaftlichen Verankerung dieser Verharmlosung von Gewalt gegen Frauen beitragen.

Anne Jacob beim Medienscreening

Wofür setzt ihr euch bei Gender Equality Media ein?

Unser Team aus insgesamt 13 Ehrenamtlichen setzt sich gegen sexistische Berichterstattung, aber auch für einen diversen und respektvollen Medienton ein, der alle Menschen anspricht. Also auch gegen Rassismus. Sexismus ist ja auch oft verwoben mit Idealbildern, wir setzen uns also dafür ein, dass die Medien diverser werden. Dass die Stockfotos zum Beispiel auch mal eine alte Frau abbilden und nicht immer nur die junge Blondine.

Wie wollt ihr das erreichen?

Unsere Kampagne „Unfollow Patriarchy“ verbreiten wir größtenteils über Twitter. Wir twittern Journalist*innen öffentlich an, wenn zum Beispiel „Sex-Täter“ in der Überschrift steht und fragen, ob man das nicht ändern kann. Wir üben vorwiegend über Social Media Druck aus und durch direkte Kritik mit Änderungsvorschlägen. Diesen Druck auf die „Bild“-Zeitung zu erzeugen ist meist verlorene Mühe, weil die das oft ignorieren oder auch noch ins Lächerliche ziehen.

Twitter

Mit dem Laden des Tweets akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von Twitter.
Mehr erfahren

Inhalt laden

Apropos: 2013 habt ihr eine Petition gegen das „Bild“-Girl gestartet. Erfolgreich – das „Bild“-Girl gibt es so nicht mehr.

Ja, richtig. Man muss aber auch dazu sagen, dass die „Bild“-Zeitung ja nur ihre eigenen „Bild“-Girl- Produktionen eingestellt hat. Aber es ist nicht so, dass es keine nackten Frauen mehr in der „Bild“ gibt.

Findest du Darstellung des „Bild“-Girls in Unterwäsche jetzt besser?

Insgesamt macht es das nicht besser, weil sie trotzdem ein Objekt der Begierde bleiben soll und die Zeitung weiterhin aufgrund von so viel nackter Haut gekauft wird. Das ist natürlich eine Marketing-Strategie. Deswegen ist es uns eigentlich gleich, ob nackt oder in Unterwäsche. Sondern es geht grundsätzlich darum, dass eine Frau aufgrund ihres Körpers zum Objekt wird und damit unter anderem den Zeitungsverkauf fördern soll.

Lest auf Seite 2, wie ein Kodex gegen Sexismus in den Medien helfen soll

Das könnte Dich auch interessieren

Kategorien Instagram Interview Medien Social Media

Auf spreewild.de berichten wir über alles, was uns bewegt – über Schule, Politik und Freizeit, Liebesglück und -kummer oder den Schlamassel mit der eigenen Zukunft. Wir bieten Hintergrundgeschichten zu den Artikeln, die wir auf der Jugendseite veröffentlicht haben, stellen Fotos und Videos ins Netz. Dazu gibt es die Fotoserien der Jugendredaktion, Musik-, Buch- und Filmbesprechungen sowie all die Fragen, die uns die Prominenten jede Woche stellen.