Kino-Tipp: Gehorsam, gleichgültig, gefühlskalt – „Jugend ohne Gott“ läuft an

Am Donnerstag läuft „Jugend ohne Gott“ in den deutschen Kinos an. Der Film zeichnet ein abgründiges Zukunftsszenario unserer Leistungsgesellschaft. Unser Kino-Tipp.

Wer bestimmt Verlierer und Gewinner der Gesellschaft? Diese Frage beschäftigt Zach immer häufiger. Gemeinsam mit anderen vielversprechenden Schülern muss er sich in einem Camp beweisen, um ein Zertifikat für eine renommierte Universität zu ergattern. Sie werden nonstop überwacht, jeder Fehler kann wertvolle Punkte kosten – und jeder schwache Schüler kann die anderen runterziehen. Was diese Situation mit den jungen Menschen macht, davon erzählt „Jugend ohne Gott“.

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Die Drehbuchautoren Alex Buresch und Matthias Pacht liefern damit die filmische Umsetzung des Stoffs von Schriftsteller Ödön von Horváth. Doch anders als das Buch spielt die Kinoadaption nicht in den 30er-Jahren sondern in einer dystopischen Zukunft. Die Gesellschaft ist klar geteilt, wer nicht zu den Besten gehört, hat keine Chance. Dieses Prinzip haben die Schüler im Camp verinnerlicht und tun alles, um gut abzuschneiden. Bis jemand stirbt.
Die Geschichte wird nacheinander aus unterschiedlichen Perspektiven erzählt. Da ist Zach, gespielt von Jannis Niewöhner, dem das System zuwider ist und der deshalb fasziniert ist vom Mädchen Ewa, die als Aussteigerin im Wald lebt. Und da ist die ehrgeizige Nadesh, die feststellt, wie Emotionen der bestmöglichen Leistung im Weg stehen. Beobachtet werden sie von Fahri Yardim als Lehrer, der an den Methoden des Camps zweifelt und sich doch den Konventionen beugt. Ihre Versionen setzen sich schließlich wie Puzzleteile zu einer Wahrheit zusammen.

„Jugend ohne Gott“ zeichnet ein abgründiges Zukunftsszenario der Leistungsgesellschaft. Wenn die perfekt funktionierenden, aber auch kontrollierten und gefühlskalten Jugendlichen als „zukünftige Eliten der Gesellschaft“ vorgestellt werden, läuft einem ein kalter Schauer über den Rücken. Diese beklemmende Grundstimmung fängt Regisseur Alain Gsponer hervorragend ein. Wohnungen, Klassenräume, selbst der Zeltplatz wirken bedrückend clean, viele Außenszenen spielen im dichten Wald oder strömenden Regen. Es ist eine düstere Weiterentwicklung der Welt. Dennoch ist der Film erschreckend nah an unserer heutigen Lebenswirklichkeit. Er wühlt auf und stellt die Frage: Wollen wir so in Zukunft leben?

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Kategorien Film & Fernsehen Medien

„Wenn Sie Journalistin werden wollen, sind Sie in diesem Studiengang falsch“, hörte ich im ersten Semester nicht nur einmal. Trotzdem habe ich mittlerweile, mit 22, meinen Abschluss – und arbeite stetig daran, den Zweiflern das Gegenteil zu beweisen. Denn das Schreiben lasse ich mir nicht mehr wegnehmen. Es ersetzt für mich rauschzustandsauslösende Substanzen, es ist mein Ventil, wenn die Gedanken zu laut schreien und kein Platz für ekstatisches Tanzen ist. Schreiben kann ich über all das, wonach niemand fragt, was im Gespräch niemand von mir wissen will. Am spannendsten ist aber, anderen Menschen zuzuhören und ihre Geschichte zu erzählen.