Gesichtserkennungs-App Find Face: Privatsphäre ade

Datenschützer schlagen angesichts einer russischen Gesichtserkennungs-­App Alarm. Wie gefährlich ist Find Face?

Ein Foto von einem beliebigen Menschen auf der Straße schießen, in die App laden, kurz warten. Wenige Sekunden später tauchen Informationen und Fotos zur Person auf. Klingt wie ein Gadget für James Bond, ist aber Realität.

Entwickelt wurde die Gesichts­erkennungs-App Find Face von einem Moskauer Start-up. Was das Team um den 26-jährigen Artem Kukharenko da auf den Markt gebracht hat, sollte aber keinesfalls als Versuchs­projekt junger IT-ler unterschätzt werden. Der Dienst gleicht die selbst geschossenen Fotos mit Bilddatenbanken ab und verlinkt beispielsweise direkt mit dem Profil der Person bei VKontakte, dem russischen Facebook-Pendant. Experten schätzen die Algorithmen als gut funktionierend ein. Die Entwickler selbst versprechen eine Treffer­quote von mehr als 70 Prozent. Rein wissenschaftlich betrachtet ist Find Face eine kleine Revolution. Gerade deswegen sollten wir jedoch besorgt sein. Datenschützer warnen seit Langem, wir würden sogenannte gläserne Menschen werden, die jederzeit von jedermann durchleuchtet werden können. Mit Blick auf Find Face sprechen nun nicht mehr nur Kritiker von der Abschaffung der Privat­sphäre im Netz: „Ja. Ich denke schon, dass ein großer Teil der Privat­sphäre durch unseren Algorithmus zerstört wird“, sagt Entwickler Kuk­harenko im Interview mit Jetzt.de. Er will seine App aber dennoch auch als Segen verstanden wissen. Laut Kuk­harenko haben Polizei­beamte Verbrechen, bei denen Fotos der Verdächtigen vorlagen, aufklären können, weil die Technik es ermöglichte, die Personen in sozialen Netzwerken aufzuspüren. „Wenn jeder weiß, dass die Polizei einen sowieso findet, wird man sich zwei Mal überlegen, ob man ein Verbrechen begeht“, so Kuk­harenko.

Mehr als 300 Unternehmen haben bereits Interesse an der Techno­logie bekundet, an die sich technisch gesehen jede beliebige Bild­daten­bank anschließen ließe. Auch für Stalker ist Find Face ein gefundenes Fressen, wie ein Versuch des Soft­ware­entwicklers Andrei Mima belegt. Er hatte ein Bild von zwei jungen Frauen hervorgekramt, die ihm sechs Jahre zuvor versprochen hatten, ihn zu kontaktieren, das aber nicht taten. Find Face hat sie ausfindig gemacht.

Die App steht frei verfügbar in den App-Stores zum Download bereit. Noch stammen die Daten nur aus VKontakte, somit sind bisher nur Nutzer dieses sozialen Netzwerks ausspionierbar. Doch ein Update zur Verwendung von Facebook-Fotos ist bereits in Arbeit.

von Michael Alemu, 18 Jahre

 

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Kategorien Medien YouTube & Apps

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