Ins Netz gegangen

Mit diesem Outfit kann man dank Youtube heute innerhalb weniger Tage weltberühmt werden. Lukas König und Leo Riegler haben das geschafft. Foto: Rania Moslam
Mit diesem Outfit kann man dank Youtube heute innerhalb weniger Tage
weltberühmt werden. Lukas König und Leo Riegler haben das geschafft. Foto: Rania Moslam

Jugendliche kennen keine Welt ohne Internet mehr. Ein Themenabend geht der Frage nach, wohin das führt

 

Werden Superstars künftig nicht mehr von Dieter Bohlen gesucht, sondern von den Nutzern von Youtube? Können Jugendliche sich heute noch durchsetzen, wenn sie Briefe schreiben und telefonieren wollen, statt zu mailen und zu skypen? Sind wir auf Facebook die Gleichen, die wir im realen Leben sind?

 

Jugendliche, die heute aufwachsen, kennen eine Welt ohne das Internet nicht mehr. Das Netz verändert die Gesellschaft, und wenn die heute 12- bis 14-Jährigen erwachsen sind, werden sie völlig anders mit dem Internet leben und arbeiten als ihre Eltern. Wie die Zukunft aussieht, die das Internet bringt, ließ sich am vergangenen Wochenende bei einer Veranstaltung im Haus der Berliner Festspiele erahnen.

 

Die Veranstaltung mit dem Titel „Netzkultur: Die stumme Masse“ bestand aus elf Vorträgen und zahlreichen Aktionen. In allen ging es darum, wie wir in Zukunft mit dem World Wide Web leben werden. Das Logo der Netzkultur-Konferenz zeigt zwei Männer mit starker Körperbehaarung in Bikinis. Lukas König und Leo Riegler heißen die beiden. Unter dem Band-Namen König Leopold rappen sie unter anderem über Würstchen und Wasserkochen. Ihr aktuelles Album trägt den Titel „Eure Armut kotzt mich an“. Berühmt geworden sind sie durch das Internet. Das skurrile Video zu ihrem Lied „Kohlhauser“ wurde auf Youtube fast 400 000 Mal angeklickt. Nach einem kurzen Live-Gig sprechen König und Riegler über das Gefühl, zum Youtube-Star zu werden. Man ist sich einig: „Youtube ist eine große Chance für Nischenkünstler.“

 

Das Internet biete jedem eine Bühne. Wenn man sich ungewöhnlich genug präsentiere, erreiche man in kürzester Zeit ein Millionenpublikum. Vom „falsch genutzten Potenzial“ des Internets hört man im Nachhinein viele Besucher sprechen. Ernster wird es, als Wikileaks-Botschafter Joseph Farrell die Bühne betritt.

 

„Alle unsere Errungenschaften können gegen uns verwendet werden“, sagt Farrell. Die Möglichkeiten des Internets würden für üble Zwecke missbraucht, erklärt er in Anspielung auf den NSA-Überwachungsskandal. Schließlich wendet er sich mit einem regelrechten Appell an die Jugend: Gerade Jugendliche, die kein Leben ohne Internet mehr kennen, müssten sich fragen, wie sie dieses System verändern können. Von denen sitzen einige im Publikum und twittern auf ihren Smartphones. Ein Monitor neben der Bühne zeigt alle aktuellen Tweets an.

 

Zu den verschiedenen Identitäten, die viele Nutzer im Netz haben, etwa auf Twitter und Facebook, hat der niederländische Künstler Lukas Julius Keijser ein Kunstprojekt gestartet. Da es vor allem Jugendliche sind, die mit der Möglichkeit spielen, im Internet jemand anderes zu sein, als im echten Leben, hat Keijser sich für einen besonderen Kunstgriff entschieden: Er lässt Selfie-Fotos schießen, auf denen sich Leute mit einer Pappe vor dem Gesicht, die eine Aufschrift oder ein Internetsymbol trägt, selbst fotografieren.

 

Der Wiedererkennungswert ist groß, man kennt die Selfie-Posen vor allem von jungen Menschen in sozialen Netzwerken. So lustig die Idee ist, sie hat einen ernsten Hintergrund: „Im Internet kann man Identitäten konstruieren und bleibt anonym.“ Das könne gefährlich sein, Straftaten seien so leichter zu verüben.

 

So bleibt am Ende des Abends die Vorstellung vom realen Leben, das sich zum Teil ins Netz verlagert – wo man berühmt werden kann, aber auch zum Opfer von Kriminalität. Vertieft wird dasThema an einem weiteren Netzkulturabend mit dem Titel „Digitale Identitäten am 22. Februar.

 

(Von Simon Grothe, 18 Jahre)

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