Mädness
Interview

Mädness: „Andere kaufen sich ein Auto, ich find Zeit ganz geil“

Seit Freitag ist „OG“ von Mädness draußen. Im Interview erzählt uns De Gude unter anderem wie es dazu kam, dass er wieder allein Musik macht, warum er mit seiner hessischen Heimat nicht abrechnen will und lieber zelten geht statt sich ein Auto zu kaufen.

Die letzten Jahre warst du musikalisch Seite an Seite mit deinem Bruder unterwegs. „OG“ ist dein erstes Solo-Album seit einigen Jahren. Wie fühlt sich das an, jetzt wieder allein Musik zu machen?
Voll gut. Es fühlt sich ein bisschen so an, als wäre es das erste Album. Es ist schön nach dem letzten gemeinsamen Album wieder einen Neustart zu machen.

Und bist du zufrieden mit der nun fertigen Platte?
Wenn ich es noch hören könnte, würde ich sagen: ganz gut. (lacht) Nee, tatsächlich bin ich echt zufrieden. Ich habe lange gekaut an der Platte, viel aussortiert. Jetzt bin ich froh, genau das gesagt zu haben, was ich mir vorgenommen hatte und dass ich das umsetzen konnte, was ich wollte, ohne groß Kompromisse gemacht haben zu müssen.

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„OG“ klingt relaxed und überaus positiv, man möchte meinen, du hast es entspannt auf einer grünen Wiese unter blauem Horizont produziert. Wo hast du bitte diesen ruhigen Ort in Berlin gefunden?
Ich hab einfach die Wiese in meinem Kopf eröffnet … (lacht) Nein, das meiste ist tatsächlich im Wedding passiert, hinter meinem Schreibtisch.

Und hast du während deiner Arbeit an deinem neuen Album etwas gelernt, so ganz hinter deinem Weddinger Schreibtisch?
Oh, ja. Da ist wirklich dem geschuldet, dass ich echt persönlich geschrieben habe. Ich musste teilweise an Sachen kratzen, die mir auch selber sehr unangenehm waren. Das hat schon aufgewühlt. Aber das ich eine ach-so-krasse-Therapieerfahrung gemacht habe, finde ich zu hochgestochen und kann ich nicht bestätigen.

Mit „Kein Ort“ hast du zusammen mit Marteria einen Song über eure jeweiligen Heimatstädte gemacht. Das klingt jedoch weder nach einer klaren Abrechnung noch nach einer reinen Liebeserklärung.
Das ist schön, denn genau so soll es sein. Ich wollte auf gar keinen Fall einen Abrechnungssong schreiben, weil es einfach nicht der Wahrheit entspräche. Es gibt genauso schlechte Sachen an meinem Herkunftsort wie an Berlin auch. Ich fände es ungut, seine Heimat zu verlassen und dann dreckige Wäsche zu waschen, weil mir diese Gegend unglaublich viel gegeben hat, sie hat mich ja geprägt. Ich beschreibe im Prinzip nur was mir positiv und negativ aufgefallen ist.

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Mittlerweile wohnst du seit drei Jahren in Berlin. Hast du einen Lieblingsplatz in der Stadt?
Gute Frage, darüber habe ich noch nie nachgedacht. Aber nein, nicht wirklich. Berlin ist für mich immer noch ein bisschen wie „Phantasialand“. Dadurch, dass wir hier gleich schon losgelegt haben mit der Arbeit, als wir hergekommen sind, entdecke ich wöchentlich Neues und habe noch keine Langeweile vom U-Bahn fahren.

„Ich hätte vor zehn Jahren mal so sein sollen, wie ich jetzt bin.“

Das würde Mädness gerne seinem 10 Jahre jüngeren Ich sagen.

Gangster-Allüren sucht man vergebens auf deinem Album. Stattdessen willst du wieder Haltung in die Szene bringen. Was nervt dich denn an der Szene?
Konsumverliebtheit und die ewige digitale Selbstoptimierung sind nicht speziell ein Hip-Hop-Phänomen, das findet beides auch an anderen Stellen statt. Trotzdem nervt es mich, weil es im Hip-Hop sehr auffällig ist. Es geht meist nur um Geld, Reichtum, Erfolg – der klassische Altherren-Männertraum halt. Ich habe aber andere Ansichten. Das wollte ich auf der Platte markieren. Jetzt bin ich kein Minimalist – aber ich möchte nicht abhängig von Besitz sein, es nicht ins Zentrum meines Lebens stellen. Für mich ist es kein Erfolg, Habseligkeiten um sich zu scharen und zu präsentieren. Stattdessen möchte ich mir Zeit „kaufen“ mit den Leuten, die ich mag. Ich will irgendwo hinfahren, mein Zelt aufbauen, mich wohlfühlen – das ist für mich eine lohnende Investition meiner Kohle. Andere kaufen sich ein Auto, ich find Zeit ganz geil.

Gibt es abschließend etwas, dass du deinem 10 Jahre jüngeren Ich mit auf den Weg geben würdest?
Ja, nämlich: Ich hätte vor zehn Jahren mal so sein sollen, wie ich jetzt bin. Dadurch hätte ich mir viel Stress erspart und vielleicht schneller zu dem gefunden, was mir Spaß macht und mich erfüllt. Man sollte früher auf sich hören, sich lockerer machen und mutig sein, um seine Sache durchboxen zu können.

Vom 26. bis 29. August spielt er vier Gigs in Hamburg, Köln, München und Berlin. Am 14.9. findet die Release-Show in Darmstadt statt. Alle Tourdaten findet ihr hier.

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Wenn ich, 22, eine Top 5-Liste mit Sätzen, die ich in den vergangenen drei Jahren am häufigsten gehört habe, aufstellen würde, wäre „Was wird man denn so nach einem Geschichtsstudium?“ ganz weit oben vertreten. Zum Glück habe ich mittlerweile eine Antwort darauf gefunden: Journalistin. Darauf gekommen bin ich durch das Lesen von Harald Martensteins Artikeln, der selber Geschichte studiert hat. Von ihm habe ich auch meinen neuen Zukunftsplan: einfach immer schreiben. Genau das mache ich jetzt hier bei Spreewild, nachdem mir mein Praktikum in der Jugendredaktion so gut gefallen hat.