Rapper Kontra K vor Auto
Kontra K
Interview

Kontra K: „Eine Legende zu werden, ist heutzutage schwer“

Kontra K gilt als „Ehrenmann“ und Arbeitstier. Wir haben ihn im Urlaub angerufen – und wissen jetzt, was er von Image-Rap hält und wie viel Verantwortung er für seine Tigerin Elsa übernimmt.

Mit Hunderttausenden verkauften Platten und ausverkauften Shows en masse ist der Berliner Rapper Kontra K aktuell einer der erfolgreichsten deutschen Künstler. Sein neues Album „Erde und Knochen“ (erscheint diesen Freitag, 11.5.): ging schon vorab weg wie warme Semmeln. Wer ist dieser Typ und wie macht er das bloß? Ein Interview.

Du hast gerade deine sechste goldene Schallplatte abgeräumt und sagst: „Erfolg ist kein Glück.“ Also: Wie geht Erfolg?
Kontra K: Der Masterplan war ja nicht, sechs goldene Schallplatten zu kriegen. Mein Plan war nur, gute Musik zu machen – und das mit genügend Ehrgeiz und Energie. Ein Prozent Glück gehört dazu, die anderen 99 Prozent müssen einfach Passion sein. Wenn du das mitbringst, wird alles, was du tust, erfolgreich werden. So ist es zum Glück bei mir.

Das hört sich aus deinem Mund so leicht an. Was ist dein Antrieb?
Ich würde sagen, man hat einen Urinstinkt. Man weiß, was man will oder wo man hinwill. Entweder ist man ein Wolf oder ein Schaf, das folgt – und ich bin eher das andere. Ich wusste, was ich wollte, das hat mich angetrieben. So eine innere Stimme. Das kann man nicht erklären, entweder hat man es oder nicht.

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Früher hast du Mist gebaut, heute hilfst du Jugendlichen, bist Boxtrainer. Was können junge Menschen durch den Kampfsport lernen?
Drei Dinge: Fairness, Respekt und dass nur das, was du investierst, auch am Ende rauskommt. Wenn du scheiße trainierst, kriegst du auf die Schnauze. Fairness lernst du, weil es immer einen gibt, der besser ist. Deswegen hat es keinen Sinn, unfair zu sein beim Boxen. Es geht eins gegen eins. Da helfen dir keine Cousins, keine Gangs oder irgendwelche Rocker. Und dann bleibst du halt am Boden. Ich weiß jetzt nicht, ob jeder boxen sollte, das hinterlässt natürlich auch einige Schäden, aber es hat mir viel beigebracht. Ich bin auf jeden Fall demütiger geworden.

„Welche Konkurrenz?“

Vom Boxring zum Rap-Battle: Echten Beef gibt es doch heute gar nicht mehr, oder?
Ich habe keinen Beef, ich werde nie einen haben. Wenn ich was zu klären habe, dann kläre ich das. Das weiß jeder: Wer ein Problem hat, kann gerne vorbeikommen. Man kann das klären – ohne Kamera. Beef ist nur das, was die Leute brauchen, um Promo zu bekommen. Ich brauche keine Promo und wenn es so weit ist, dass ich welche brauche, höre ich lieber auf, weil meine Karriere dann am Arsch ist.

Konkurrenz kann ja aber auch anspornen. Wenn du siehst, dass die anderen voll am Start sind, was löst das in dir aus?
Welche Konkurrenz? (lacht) Ich habe meine Sparte gefunden, ich mache meinen Rap. Ich habe meine Fans, ich habe unendlich viele Konzertbesucher. Ich bin wahnsinnig glücklich und dankbar. Ich habe keinen Futterneid. Früher habe ich 1 000 Platten verkauft und auf der Straße rumgehangen, jetzt spiele ich vor 10 000 Leuten in meiner eigenen Stadt. Warum sollte ich mir Gedanken um die Konkurrenz machen? Was hätte das für einen Sinn, es würde mich ja nur runterziehen.

Auf früheren Tracks gab es allerdings noch Gewaltfantasien gegen Kontrahenten. Mittlerweile plädierst du für Respekt und sprichst dich gegen Hass aus. Wie kam es zu diesem Sinneswandel?
Ich war 20, ich habe wirklich auf der Straße rumgehangen und Scheiße gebaut. Wir waren kleine Hyänen. Und dann bin ich da rausgewachsen. Ich war immer ein bisschen schlauer als die, die nur rumhängen und nichts anderes außer Unsinn machen. Deswegen habe ich mir irgendwann die Frage gestellt, ob das alles das Richtige ist. Ich wollte es auch meinem Vater beweisen. Was für einen Respekt soll ein Vater vor seinem Sohn haben, wenn der nur Dreck erzählt und ihn niemand ernst nimmt? Ich häng nicht mehr mit kleinen Kindern rum, die auf der Straße irgendwelche Dinger drehen oder mit Gewalt versuchen, ihren Willen durchzusetzen. Ich hänge mit erwachsenen Männern rum, die ihre Sachen machen. Ich sage, was ich zu sagen habe, und versuche, das so gut wie möglich rüberzubringen, ohne Leute auf den falschen Weg zu bringen. Das mache ich auch, um mein Karma-Konto auszugleichen.

„Ehrlichkeit ist einer der wichtigsten Werte.“

Warum geht Image-Rap für dich gar nicht klar?
Ich finde, Rapper sollten echt sein und auch zu Schwäche stehen können, wenn sie schwach sind. Ich mag es nicht, wenn Menschen ein Fake-Image aufbauen. Bei vielen Rappern sind es Kinder, die das hören. Die glauben das. Die denken, dass alles eins zu eins so ist. Aber bei vielen Menschen ist es eben nicht so. Wenn einer sagt, dass er eine Bank überfällt, ist das in Ordnung – sofern er es auch wirklich macht. Solange er nicht für Sachen einsteht, die anderen Menschen schaden. Wenn es dem Staat schadet, ist es mir komplett egal.

Im Song „Zu leicht“ rappst du: „Ich leb für Werte als einer von den Letzten“. Worin besteht für dich der Werteverfall und für welche Werte stehst du selbst ein?
Der Werteverfall besteht darin, dass die Leute nur noch RTL2 schauen. Es geht nur noch um Likes bei Instagram, Titten hochpushen, Tinder. Für mich geht es halt um Ehrlichkeit, gerade sein. Ehrlichkeit ist eigentlich einer der wichtigsten Werte. Loyal zu seinen Freunden zu sein. Das geht einfach verloren. Wenn ich sage „Ich leb für Werte als einer von den Letzten“, dann meine ich natürlich nicht, dass ich der Einzige bin, der Messias. Ich will nur darauf aufmerksam machen, dass sich nicht alles darum dreht, ob ich Balenciaga-Schuhe trage oder im Benz rumfahre. Es geht darum, dass ich gut zu meinen Leuten bin. Dass ich darüber nachdenke, was ich tue, weil jede Aktion auch eine Reaktion hervorruft. Wenn ich mir angucke, wie verroht unsere nächste Generation ist, mache ich mir schon Gedanken.

Du hast eben von Loyalität gesprochen. Was hält dich und deine Freunde zusammen?
Die gemeinsame Geschichte. Fame ist auf jeden Fall dreckig. Jeder, der jetzt kommt, wenn du auf diesem Status bist, kommt aus einem bestimmten Grund. Die kommen nicht, weil du sympathisch bist. Die kommen, weil du hast, was die wollen. Deswegen halte ich meinen Freundeskreis klein.

Nach welchen Kriterien selektierst du echte Freunde von den „Motten“, die dich mit steigendem Berühmtheitsgrad umschwirren?
Motten sind Leute, die selber nichts geschissen kriegen und sehen: „Ah, bei dem läuft es, der kann und muss mir doch irgendwie helfen können. Ich muss ihn jetzt nerven und volllabern, anstatt einfach selber Ehrgeiz an den Tag zu legen.“ Ein Freund ist jemand, den du magst, obwohl du seine Macken kennst.

„Ich zähle mein Geld nicht.“

Mit „Ich hab dich“ hast du eine kritische Ode an das Geld geschrieben. Wofür gibst du deins am liebsten aus?
Mein Vater hat mir immer gesagt: „Wenn du nicht mindestens einen Fünfer in der Tasche hast, pissen dich die Hunde an.“ Wenn du als erwachsener Mann nicht einen Pfennig in der Tasche hast, ist das nicht allzu erfreulich. Ich kann jetzt Geld zum Fenster rausschmeißen, weil ich es nicht zähle. Hauptsache, meinem Sohn geht es übermorgen gut – und dafür ist gesorgt.

Und wie verbringst du trotzdem einen perfekten Tag – ohne einen Cent in der Tasche?
Am liebsten mit meiner Familie. Ich kann auch auf der Wiese rumhängen, so wie ich es jetzt mache. Ich habe gerade meinen Tiger besucht, liege jetzt hier im Jogginganzug und trinke Wasser. Ich muss nicht beim teuren Italiener essen gehen oder irgendwelche goldenen Ketten und Uhren von Rolex tragen.

Dass du dich um die kleine Tigerin Elsa kümmerst, können deine Fans regelmäßig auf Instagram sehen.
Es ist eine Art Freundschaft zwischen uns entstanden. Ich bin jetzt bei ihr, verbringe hier meinen Urlaub. Es ist aber nicht so, dass man sich ein wildes Tier zulegen sollte. Um Gottes Willen! Es war ein glücklicher Zufall, Raubtieren so nahe kommen zu dürfen. Ich bin glücklich, dass mich mein Tiger überhaupt noch akzeptiert. Ich gehe in das Gehege rein, ich gebe ihr die Flasche. Sie genießt es auf jeden Fall, wenn ich ihr abends das Fell ausbürste.

So ein Foto ist schnell gemacht – wie viel Verantwortung übernimmst du wirklich?
Viel! Hier sind gerade neue Tigerbabys aus Zirkussen angekommen. Ich überweise viel Geld, und ich baue die neuen Gehege mit. Ich habe den kompletten letzten Sommer in Elsas Gehege verbracht und auf einem Stein rumgehockt. Einfach nur, um mit ihr zusammen zu sein.

„Dinge tun, auf die man stolz sein kann.“

Seit Neuestem bist du nicht nur Tigerpate, sondern auch Werbegesicht bei Nike. Wie kamen die auf dich?
Das kam über George Boateng. Ich hatte erst einen ganz normalen Ausstatter-Deal, bei dem man deren Sachen zugeschickt bekommt und die dann tragen soll. Daraus ist dann mehr geworden, weil die Marken auch merken, wie einflussreich Rap sein kann. Da ich sehr aktiv bin als Boxer, nicht nur kiffe oder saufe, haben sie mit mir eine Kampagne gestartet. Für mich was das natürlich geil. Wie stolz kann man sein?

Ja, wie stolz denn?
In Dubai hängt ein Plakat, in London, frag mich nicht, wo noch. Mein Vater ist stolz, mein Sohn freut sich. Das war das, was ich vorhin meinte: Man muss einfach Dinge tun, auf die man stolz sein kann. Wo man später auch noch mit geradem Rücken davorstehen kann.

Nehmen wir mal an, morgen wäre das alles vorbei. Was passiert mit deinem letzten Hemd, mit deinen Boxhandschuhen und was soll von dir übrig bleiben außer „Erde und Knochen“?
Mein Blut, meine Muskeln und Knochen – also mein Sohn. Eventuell eine noch wachsende Familie. Wenn ich ein guter Vater war, hinterlasse ich ja schon mehr. Eine Legende zu werden, ist heutzutage schwer. Die Zeit ist so schnelllebig, aber ich habe etwas geschaffen, worauf ich stolz sein kann. Mein letztes Hemd kriegen meine Jungs, die mich supporten und immer an meiner Seite sind. Meine Boxhandschuhe kriegt mein Sohn. Besser gesagt: Die hat er schon.

Er boxt?! (Sein Sohn ist vier Jahre alt. – Anm. der Redaktion)
Ich würde ihn, glaube ich, nicht kämpfen lassen. Im Endeffekt muss er sich das selbst aussuchen.

 

Beitragsbild: Promo

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Kategorien Kultur Musik Spreewild

Ich bin der Lukas und 18 Jahre alt. Ich schreibe gerne Artikel, am liebsten über Fußball, weil ich mich dafür brennend interessiere. Ich habe eine Dauerkarte bei Hertha BSC und gehe jedes zweite Wochende, bei einem Heimspiel, ins Stadion.