Weihnachten 2012 – 3. Türchen

Nicht nur die Autoren unserer aktuellen Adventsfotoserie „Oh, du schreckliche“ dürften sich schon einmal gefragt haben, ob es nicht vielleicht besser wäre, Weihnachten einfach ausfallen zu lassen. Nach Geschenkeinkäufen in vollkommen überfüllten Einkaufszentren, in denen Last Christmas in Dauerschleife aus den Lautsprechern dröhnt und der Einhaltung von Tante Inges verpflichtender Vorladung zum Adventskränzchen, kann es passieren, dass man von der Weihnachtszeit bereits heute, 21 Tage vor dem Heiligen Abend, genug hat. Allen, denen es so geht, sei John Grishams Roman „Das Fest“ empfohlen. Obwohl er sich, was den Titel angeht nahtlos in das Gesamtwerk des Autors einreiht, unterscheidet er sich stark von Justizthrillern wie „Die Jury“, „Die Firma“ und Der Regenmacher“, in denen es meist recht unchristlich zugeht.

 

Grishams Hauptfigur Luther Krank lebt in einer durchschnittlichen amerikanischen Kleinstadt, allerdings in einer nicht ganz durchschnittlichen Straße: Seit mehreren Jahren in Folge halten ihre Bewohner einen Preis für die am schönsten geschmückte Straße der Stadt. Aber das hat im wahrsten Sinne des Wortes seinen Preis: Mehr als 6 000 Dollar rechnet Luther aus, kostet ihn Weihnachten jährlich insgesamt. Ein nicht unwesentlicher Teil dieses Betrags entfällt dabei auf Dekoration und Beleuchtung des Hauses, die bei allen Nachbarn einheitlich sind. Weil seine Tochter zum ersten Mal in ihrem Leben Weihnachten nicht zu Hause sein wird, da sie kurz zuvor einen Auslandsaufenthalt angetreten hat, beschließt Luther, die 6 000 Dollar nicht mehr in Weihnachten und den damit verbundenen Stress zu investieren, sondern in eine Flucht vor dem Fest: Heimlich bucht er für sich und seine Frau eine Karibikkreuzfahrt über die Feiertage. Allerdings hat er die Rechnung ohne seine Nachbarn gemacht, die fürchten, ihre alljährliche Auszeichnung zu verlieren, wenn Luther sein Haus nicht dekoriert und deshalb mit ausgesprochen militanten Mitteln versuchen, ihn von seinem Plan abzubringen.

 

Der Kleinkrieg, den sich Luther daraufhin mit seinen Nachbarn liefert, liest sich sehr lustig, genauso wie die Schilderungen seiner Reisevorbereitungen, etwa ein Besuch im Sonnenstudio, bei dem er etwas zuviel Höhensonne abbekommt. Im Lauf der Handlung verliert Luther die Kontrolle über die Situation: Seine Reisevorbereitungen enden regelmäßig im Desaster, seine Nachbarn demonstrieren vor seiner Haustür und seine Tochter kündigt überraschend an, zu Weihnachten doch nach Hause kommen zu wollen. Die Erkenntnis am Ende des Romans dürfte jedenfalls denen, die von der Hektik der Adventszeit eigentlich genug haben, neues Durchhaltevermögen geben: Noch stressiger als Weihnachten ist es, Weihnachten ausfallen zu lassen.

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Kategorien Kultur Literatur

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