Wilde Möhre
Wilde Möhre-Gründer Alexander Dettke appelliert an alle, Festivals weiter zu unterstützen.
Interview

„Füße stillhalten“: Was die Corona-Krise für die Festivals bedeutet – und deren Besucher

Die Corona-Krise droht auch der diesjährigen Festivalsaison einen Strich durch die Rechnung zu machen. Wie gehen die Veranstalter damit um? Wir haben uns mit Alexander Dettke, Gründer und Veranstalter des „Wilde Möhre“-Festivals unterhalten, das Anfang August im brandenburgischen Drebkau stattfinden soll. Im Interview erklärt er die derzeitige Lage, gibt Ratschläge für die Festivalgäste und ruft zu Solidarität auf.

Von Moritz Tripp

Wie ist die derzeitige Lage in eurem Büro?

Unser Büro ist natürlich leer, weil wir es sehr wichtig finden, dass wir uns jetzt alle an die Regeln halten, die uns die Behörden und unsere Bundesregierung empfohlen haben. Dementsprechend haben wir auch schon seit knapp zwei Wochen alle Mitarbeitenden ins Homeoffice geschickt. Wir sind eine sehr junge Truppe, die auch viel unterwegs ist – daher müssen gerade wir dazu beitragen, das Risiko zu reduzieren. In Panik ist aber niemand verfallen.

Die Wilde Möhre soll eigentlich vom 6. bis 10. August stattfinden. Was bedeutet die Corona-Krise für eure Planung?

Wir nehmen die Krise natürlich sehr ernst und versuchen derzeit abzuwägen, was sie für uns bedeutet und wie wir uns am besten vorbereiten können. Aktuell gehen wir für die Möhre davon aus, dass wir sehr gute Chancen haben, stattzufinden. Wir halten also einerseits daran fest, planen andererseits aber auch schon so voraus, dass wir das Festival im Notfall nach hinten verschieben können. Glücklicherweise sind wir ein so agiles Team, dass wir auf viele Dinge sehr gut und schnell reagieren können.

„Gerade die Menschen, die unsere Festivals besuchen, müssen jetzt die Füße stillhalten.“

sagt Alexander Dettke, Gründer und Veranstalter des „Wilde Möhre“-Festivals

Im Fall einer Absage wollt ihr das Festival also später im Jahr stattfinden lassen?

Ja, das werden sicherlich die meisten Festivals so machen wollen. Und das kann für die größeren Veranstaltungen problematischer werden als für kleinere Festivals. Je größer ein Festival ist, desto mehr Dienstleister sind involviert, welche ja zurzeit auch alle durch die Krise in eine Schieflage geraten. Als eher kleineres Festival (Anm. d. Red: ca. 5.000 Besucher) können wir da unabhängiger und flexibler reagieren. Doch ob wir den Termin halten können oder nicht, ist jetzt sehr stark abhängig von den verordneten Maßnahmen und deren Wirksamkeit. Daher kann ich nur alle dazu aufrufen, sich an die Regeln zu halten. Gerade die Menschen, die unsere Festivals besuchen und sehr tanzwütig sind, müssen jetzt zum Schutz der Allgemeinheit genauso wie alle anderen mal die Füße stillhalten.

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Die Fusion hat angekündigt, dass die Tickets im Falle einer Verlegung des Festivals auf 2021 ihre Gültigkeit behalten würden. Wäre das bei euch auch so?

Ja, das würden wir auch so machen. Die Fusion bietet ja jetzt auch eine Stornierung gegen eine Gebühr an. Ich denke, jeder Veranstaltende müsste an dieser Stelle solch eine Gebühr erheben, um irgendwie die Kosten zu decken. Aber hier sind jetzt einfach ausdrücklich die Gäste gefragt, die schon Tickets haben: Wer sich ein Ticket gekauft hat, sollte jetzt erstmal nicht panisch stornieren, sondern sich solidarisch zeigen und wie wir daran glauben, dass eine Lösung gefunden wird. Man muss ja bedenken: Alle Festivals zahlen schon im Voraus Gagen und beschäftigen Mitarbeitende, kaufen Baumaterial ein und so weiter. Wenn jetzt alle wie wild ihre Tickets stornieren und dann plötzlich keine Mittel mehr da sind, bringt man die Veranstaltenden erst richtig in die Bredouille.

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Seid ihr zuversichtlich, dass ihr im Fall der Fälle Unterstützung von der Regierung bekommt?

Wir haben ja bereits verschiedene Instrumente an die Hand bekommen. Zum Beispiel haben wir schon Kurzarbeit angemeldet, da wir sehen, dass die Situation angespannt ist und wir natürlich Geld sparen müssen. Sollten Ticketeinnahmen ausbleiben oder übermäßig Stornierungen anfallen, müssten wir wohl auch darüber nachdenken, Kredite aufzunehmen. Auch die würden uns ja zur Verfügung stehen. Was darüber hinaus kommt, ist auch von den Ländern, in unserem Fall Brandenburg, abhängig. Da laufen schon Gespräche über andere Formen der Hilfestellung. Allgemein sehe ich eine sehr große Bereitschaft in der Politik, dafür zu sorgen, dass alles erhalten bleibt. Das stimmt uns erstmal sehr positiv, und da wir auch selbst noch ein gutes Stück über die Runden kommen werden, ist unsere Situation soweit vollkommen in Ordnung.

„Corona-Partys sind unser schlimmster Albtraum.“

sagt „Wilde Möhre“-Gründer Alexander Dettke

Was rätst du den Festivalgästen?

Ich leite den Arbeitskreis für Festivals in der Berliner Clubcommission und habe in den letzten Tagen mit unzähligen anderen Veranstaltenden gesprochen und versucht, Fragen zu beantworten. Wir spüren natürlich alle, dass Gäste nun vorsichtiger und erstmal sehr verunsichert sind. Das ist auch völlig verständlich, nachdem in den letzten Tagen so umfangreiche Maßnahmen installiert worden sind. Was in den nächsten Wochen passieren wird, ist noch ungewiss. Doch ich möchte alle Festivalgäste dazu aufrufen, auch in dieser schwierigen Zeit Hoffnung und Zuversicht zu behalten! Auch für solche Fälle wie die Corona-Krise finden wir Lösungen. Daher appelliere ich an alle, sich eine positive Stimmung zu bewahren und Festivals weiter zu unterstützen.

Was hältst du von Corona-Partys?

Corona-Partys sind unser schlimmster Albtraum. Wer auf eine Corona-Party geht, muss sich bewusstmachen, dass er damit seine liebsten Mitmenschen durchaus stark gefährdet. Und wenn man danach die Großmutter besucht, oder auch nur den Papa, der vielleicht Asthma hat, setzt man diese Personen einer riesigen, unnötigen Gefahr aus. Bitte lasst das! Die Berliner Clubcommission hat eine schöne Alternative für euch: United We Stream. Damit könnt ihr euch jeden Club, in den ihr gerne schon mal reingegangen wärt, nach Hause holen und keiner muss auf irgendwelche Partys gehen. Wir müssen die Situation jetzt einfach mal kurz solidarisch ausstehen.

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