Blick in das Kraftwerk
Berliner Festspiele | MaerzMusik 2018 | The Long Now Kraftwerk | 24./25.03.2018

30 Stunden im Kraftwerk

„The Long Now“ war der Abschluss des diesjähringen MaerzMusik-Festivals für Zeitfragen. Von Samstag 20 Uhr bis Sonntag 24 Uhr fanden sich im Kraftwerk mehr als 600 Leute ein, um an der 30-stündigen Veranstaltung teilzunehmen.

Von Helene Harnisch, 15 Jahre

Es ist 3:39 Uhr morgens und ich werde von Musik geweckt, die klingt wie einer dieser sanften Weckertöne, die auf dem Handy vorinstalliert sind. Eigentlich eine ganz angenehme Art aufzuwachen. Aber erstens: Es ist 3:39 Uhr. Und zweitens: Die Weckermusik ist etwa 200 Mal lauter als auf dem Handy. Grelle Neonlichter und der Geruch von kaltem Rauch begrüßen mich, als ich zur Bar gehe. Ich bin schon seit fast acht Stunden hier und habe noch 22 vor mir. Ich will nach Hause.

An Schlaf war nicht mehr zu denken. Ich stand auf – die meisten schliefen, nur ein Mann an der Bar hörte der Musik zu. Ich war am Abend schon eine Stunde früher da gewesen, was sich später aber auch als ziemlich schlau von mir herausstellte. Es wurden uns nämlich 600 Feldbetten zur Verfügung gestellt, doch es waren letztendlich weitaus mehr Leute als Betten da. Ich hatte also ein Bett, in das ich nun aber gar nicht mehr wollte. Als ich mich umschaute, sah ich, dass viele auf dem Betonboden schliefen. Ein Paar hatte sich eine Hängematte mitgebracht – sehr vorausschauend – und manche Leute schliefen einfach gar nicht – wie der Mann an der Bar. Dort, wo es vorhin noch Abendessen gegeben hatte, war es auch leer. Also weiter, vielleicht würde ich ja unten Menschen finden.

Tatsächlich waren unten bei der Dokumentation ein paar Menschen, die wach waren, aber auch ein paar, die sich dort hingelegt hatten. Hier war es auch viel leiser als oben bei der Musik. Die Dokumentation war nicht sonderlich spannend, es ging um das alltägliche Leben einer Familie. Man sah ihr also zu, wie sie Fernsehen schaute, zur Arbeit ging und sich langweilte. Ab und zu veränderte sich das Bild, doch meistens war das nur einmal in der Stunde.

Morgens gegen 9:30 Uhr bin ich dann gegangen. Ich weiß, ich hab eventuell geschummelt oder habe zumindest nicht ganz die Aufgabe des Festivals erfüllt, doch ich musste dort raus. Der Gestank von Rauch war schon in der Nacht so extrem gewesen, dass meine Nase und mein Hals brannten. Die durchgehende Musik bereitete mir Kopfschmerzen und 30 Stunden sind eine echt lange Zeit. Doch es war eindeutig die richtige Entscheidung für mich, denn es war so schön und erleichternd, als ich endlich aus dem Kraftwerk kam! Die Morgensonne blendete mich, da meine Augen sich sehr gut an die fast komplette Dunkelheit der letzten 15 Stunden gewöhnt hatten und es war endlich leise! Ich hörte den ganzen Weg nach Hause keine Musik und dann schlief ich erst einmal.

Titelbild: Camille Blake

Das könnte Dich auch interessieren

Kategorien Konzerte Kultur

Auf spreewild.de berichten wir über alles, was uns bewegt – über Schule, Politik und Freizeit, Liebesglück und -kummer oder den Schlamassel mit der eigenen Zukunft. Wir bieten Hintergrundgeschichten zu den Artikeln, die wir auf der Jugendseite veröffentlicht haben, stellen Fotos und Videos ins Netz. Dazu gibt es die Fotoserien der Jugendredaktion, Musik-, Buch- und Filmbesprechungen sowie all die Fragen, die uns die Prominenten jede Woche stellen.