Jugendtheaterprojekt: „Feuer“ in Hellersdorfer Schule

Das Theater o. N. zeigt ein Jugendtheaterprojekt über Gewalt

Als ich den Klassenraum in der Hellersdorfer Wolfgang-Amadeus-Mozart-Schule betrete, schallt mir „Gegenwehr! Ich soll mich mit Gewalt wehren!“ entgegen. Mir wird erklärt, man könne hier problemlos andere Kinder in Mülltonnen stecken. Kein Lehrer würde etwas unternehmen. Glücklicherweise handelt es sich nur um eine Probe für das Theaterstück „Feuer“. Dennoch fühle ich, der Zuschauer, mich etwas unbehaglich. Schließlich wollen die Schüler der 5. Klasse auf die realen Zustände an ihrer Schule aufmerksam machen.
Diese war zuletzt durch einen Brandbrief der Elternvertretung in die Schlagzeilen geraten. Das Projekt, das in Zusammenarbeit mit dem Theater o. N. entsteht, heißt zwar dazu passend „Feuer“. Die Arbeit daran hatte aber schon vorher begonnen. Den Anfang bildeten Interviews, die Regisseurin Cindy Ehrlichmann mit Schülern, Lehrern und Sozialpädagogen führte. Darauf aufbauend entwickelte sie das Stück, das sich um Gewalt, Chaos und Erschöpfung dreht.
Doch wie konnte es überhaupt so weit kommen? Was sagt das über unsere Gesellschaft aus? Und was kann man tun, um jungen Menschen die Freude am Schulbesuch zurückzugeben? Auch diese Fragen wirft „Feuer“ auf, ohne dabei in Schwarz-Weiß-Denken zu verfallen. „Es ist uns wichtig, ein differenziertes Bild zu zeichnen“, erklärt die Dramaturgin Dagmar Domrös. Missstände sollten zwar aufgezeigt, Leistungen der Lehrer jedoch nicht herabgewürdigt werden. Schließlich hat sich seit den Interviews und dem Brandbrief an der Schule einiges getan. Neue Stellen wurden geschaffen, ein runder Tisch eingeführt. Man ist auf dem Weg der Besserung. Doch die Gefahr, wieder von ihm abzukommen, besteht weiterhin. Damit bewegt sich auch das Stück auf einem schmalen Grat und will zeigen, dass in diesem Szenario jeder gleichermaßen Verursacher und Betroffener verschiedener Probleme ist. So wird thematisiert, dass Schüler den Unterricht stören und sich gegenseitig schikanieren, aber auch, dass Aufsichtspersonen oft nur mahnend den Zeigefinger heben. Im „EmSozRap“ geht es darum, dass sich Lehrer in den Klassen mit vielen Schülern und mit Herausforderungen wie LRS oder ADHS oft allein gelassen fühlen. Dass negative Gefühle mit nach Hause genommen werden und der Schulalbtraum somit nie aufhört, symbolisiert das niemals wechselnde Bühnenbild. Lehrer wie Schüler werden über das Stück hinweg gleichermaßen unzufriedener und zunehmend ausgelaugter. „Feuer“ will vor allem eines: zeigen, dass hier nicht die Schuldfrage, sondern eine gesellschaftliche Aufgabe gelöst werden muss.

„Feuer“ wird am 8. Juli um 10 und 19 Uhr im Theater o. N., Kollwitzstraße 53, 10405 Berlin aufgeführt. Karten gibt’s auf der Homepage des Theater o.N.

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Kategorien Kultur Theater

„Wenn Sie Journalistin werden wollen, sind Sie in diesem Studiengang falsch“, hörte ich im ersten Semester nicht nur einmal. Trotzdem habe ich mittlerweile, mit 22, meinen Abschluss – und arbeite stetig daran, den Zweiflern das Gegenteil zu beweisen. Denn das Schreiben lasse ich mir nicht mehr wegnehmen. Es ersetzt für mich rauschzustandsauslösende Substanzen, es ist mein Ventil, wenn die Gedanken zu laut schreien und kein Platz für ekstatisches Tanzen ist. Schreiben kann ich über all das, wonach niemand fragt, was im Gespräch niemand von mir wissen will. Am spannendsten ist aber, anderen Menschen zuzuhören und ihre Geschichte zu erzählen.