Dem Tod von der Schippe springen: Check!

In „Der Tod kann mich mal!“ erzählen schwerkranke Jugendliche beeindruckend stark von ihrem Schicksal

Maxi Sophie war 13 Jahre alt, als die Ärzte plötzlich Polypen in ihrem Darm feststellten. Ein Befund mit der schrecklichen Aussicht auf Darmkrebs und in ihrem zarten Alter eine absolute Seltenheit. „Ach, jetzt nehme ich ein paar Tabletten und dann wird das wieder“, dachte sie damals. Aber die Krankheit sollte sie lange schmerzhaft begleiten.

Autorin Kira Brück hat für ihr erstes Buch zwölf schwerkranke Jugendliche interviewt. Buchcover: BüroSüd
Autorin Kira Brück hat für ihr erstes Buch zwölf schwerkranke Jugendliche interviewt. Buchcover: BüroSüd

Während Gleichaltrige auf Partys die Nächte durchtanzten, lag Maxi allein in Krankenhausbetten, weit weg von ihrer Familie und ihren Freunden. „Zum Glück hatte ich meinen Laptop dabei und konnte mit meiner besten Freundin skypen. Das hat mir Kraft gegeben“, erinnert sie sich. Ihre Geschichte sowie die von elf weiteren schwerkranken Jugendlichen hat die Journalistin Kira Brück in ihrem Buch „Der Tod kann mich mal!“ gesammelt. Doch trotz der Schicksalsschläge stehen insbesondere die Hoffnung und der starke Wille der jungen Menschen im Mittelpunkt. Sie berichten von einem Leben zwischen Chemotherapie und Liebeskummer, Schmerzmittel-Delirium und dem Traum von der großen Designerkarriere.

Für Maxi folgte eine Schreckensdiagnose auf die nächste. Denn nachdem die Ärzte ihr den Dickdarm entfernt, einen künstlichen Darmausgang „gebastelt“ hatten, wie sie es nennt, wurde bei Maxi ein Tumor entdeckt. „Da stand es wirklich schlecht um mich“, sagt sie und klingt dabei ganz sachlich, als wäre sie an solche Hiobsbotschaften gewöhnt. „Mit 16 haben die Ärzte noch gezweifelt, ob ich überhaupt mal meinen 20. Geburtstag feiern werde.“ Heute ist sie 20. Wie ihr Leben ohne die Krankheit verlaufen wäre, kann Maxi sich mittlerweile gar nicht mehr vorstellen. Sie sei frühzeitig selbstständig geworden und habe gelernt, ihre Zeit in vollen Zügen zu genießen: Man lebt nur einmal, lautet ihr Lebensmotto. Trotz Risiko denkt sie nicht daran, auf ihre liebsten Vergnügungen zu verzichten. „Ich gehe wahnsinnig gern feiern. Jetzt muss ich ja das nachholen, was alle anderen schon in ihrer Jugend erleben durften. Ich wurde quasi ins Erwachsensein gerissen. Deshalb stehe ich vermutlich auch heute so auf Freizeitparks“, lacht Maxi.

Weil man nur einmal lebt: Trotz schwerer Krankheiten hat Maxi ihren Lebenswillen nicht verloren. Foto: Privat
Weil man nur einmal lebt: Trotz schwerer Krankheiten hat Maxi ihren Lebenswillen nicht verloren. Foto: Privat

Ihre Ernährung bleibt weiterhin ein neuralgischer Punkt. Besonders saure und scharfe Gerichte, Laktose und Kohl darf sie nicht zu sich nehmen. „Das ist zu Weihnachten total bescheuert, wenn alle vor ihrem Rosenkohl sitzen und du darfst nichts davon essen.“ Und Schokolade? Ist erlaubt! Und gut für ihre Verdauung, die Maxi noch immer Probleme bereitet. „Wenn mal wieder S-Bahn-Streik ist, sage ich zu meinen Freunden: Hey, heute fällt die Bahn öfter aus, als ich am Tag aufs Klo muss“, witzelt sie. Den Humor hat Maxi zwischen all ihren Krankenhausodysseen nämlich nicht verloren.

Kürzlich wurden bei einer Routineuntersuchung Adenome, eine Vorstufe von Krebs, in ihrem Magen bemerkt. Ein Schlag ins Gesicht für Maxi, die gerade eine Ausbildung zur Bürokauffrau absolviert und in Berlin in eine eigene Wohnung gezogen ist. Dennoch liegt ihr nichts ferner, als Trübsal zu blasen. „Ich bin kein Mensch, der schnell anfängt zu heulen. Irgendwie geht es immer weiter“, sagt die Frohnatur und man glaubt es ihr sofort. Sie hofft, im nächsten Jahr wieder auf ihrem Lieblingsfestival zu tanzen, eines Tages vielleicht einmal Kinder zu haben und vor allem: glücklich zu sein.

Margarethe Neubauer, 21 Jahre

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Kategorien Kultur Literatur

Schreiben ist meine Neurose. Ich mache das wirklich nicht freiwillig. An pathologischer Schreibwut leide ich etwa seit meinem neunten Lebensjahr. Heute bin ich 24. Sie äußert sich in der übermäßigen Produktion von Texten, dabei reagiere ich sensibel auf gute Geschichten. Schreiben ist mein Plüsch–Airbag gegen Schleudertraumata im täglichen Gedankenkarussell, Weckglas für klebrig-süße Memoirenmarmelade und die doppelte Aspirin am Morgen nach einem exzessiven Empfindungsrausch. Ich habe eine Schwäche für Präpositionen mit Genitiv, Schachtelsätze und Ironie. In die Redaktion komme ich nur, weil es da umsonst Tee gibt.