Bretter, die die Welt bedeuten

In der vergangenen Woche trafen sich 30 Macher von Jugendtheatern aus allen Kontinenten in Berlin

Von Viola Blomberg, 22 Jahre

Das Theaterfestival „Augenblick mal!“, das vergangene Woche in Berlin stattfand, hat mit zehn impulsgebenden Inszenierungen gezeigt, dass die Bedeutung des Kinder- und Jugendtheaters in Deutschland keiner mehr infrage stellt. Doch welche Rolle spielt Theater für Kinder und Jugendliche in anderen Kulturen und mit welcher Haltung und welchen Inhalten kann man jungen Zuschauern dort begegnen? Mit diesen Themen beschäftigte sich das internationale Assitej Artistic Gathering 2015, das parallel zum Festival „Augenblick mal!“ erstmals in Deutschland stattfand.

Neue Ideen für junge Bühnen

Die „Association Internationale du Théâtre pour l’Enfance et la Jeunesse“ setzt sich seit 50 Jahren für das Recht von Kindern und Jugendlichen auf Theaterkunst ein. In diesem Jahr hat sie 30 junge Künstler aus Entwicklungs- und Schwellenländern nach Berlin eingeladen, um sich unter dem Motto „Generations in Dialogue“ über die Vielfalt des Jugendtheaters auf der ganzen Welt auszutauschen. Mit dabei waren Francisco Pedreira (24) aus Argentinien, Kedar Shrestha (26) aus Nepal und Joanna Evans (25) aus Südafrika. Sie beschäftigen sich in ihren jeweiligen Ländern mit Theater für junges Publikum. Für sie war das Treffen vor allem eine Möglichkeit, sich auszutauschen und dadurch weiterzuentwickeln. „Es ist schön, einen Eindruck davon zu bekommen, wie künstlerischer Nachwuchs verschiedenster Nationalitäten sich mit Kinder- und Jugendtheater beschäftigt“, sagt Kedar, der Gründer und Leiter des Kindertheaters Theatre Centre for Children in Nepal. „Wir können hier neue Ideen bekommen, uns Ratschläge geben lassen und andere Arbeitsmethoden kennenlernen. Das ist sehr inspirierend.“
Nach seiner Ausbildung an der „National School of Drama“ in Neu-Delhi (Indien) hat er an mehreren Schulen in Nepal Theaterunterricht angeboten und dort erkannt, wie wichtig es ist, dass Schüler sich mit dieser Kunstform auseinandersetzen. Genau wie seine Kollegen ist er stolz, für Kinder arbeiten zu können.
In Franciscos Heimatland Argentinien lasse das kulturelle Angebot für Kinder in Form von Theater sehr zu wünschen übrig, sagt er. Doch für den Studenten, der seit einigen Jahren als Schauspiellehrer für Teenager arbeitet, sind Kinder und Jugendliche das beste Publikum: „Kinder haben eine andere Sicht auf die Welt, sie sehen Dinge aus einer anderen Perspektive als Erwachsene“. Deshalb sei es auch so wichtig, jungen Leuten die Möglichkeit anzubieten, Theatervorstellungen zu besuchen und auch selbst zu schauspielern.

Francisco aus Argentinien, Joanna aus Südafrika und Kedar aus Nepal (von links) sind in Berlin, um sich über Jugendtheaterprojekte auszutauschen. FOTO: AUGENBLICK MAL!
Francisco aus Argentinien, Joanna aus Südafrika und Kedar aus Nepal (von links) sind in Berlin, um sich über Jugendtheaterprojekte auszutauschen. FOTO: AUGENBLICK MAL!

Bildung statt Erziehung

„Das Theater ist wichtig für die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen, denn in der Schule bekommen sie ja vor allem zu hören, was für Leistungen sie zu erbringen haben“, bemerkt Joanna. In vielen Ländern komme Kreativität im Unterricht zu kurz. Die junge Schauspielerin und Regisseurin engagiert sich in Südafrika im Bereich Theater für Kinder im Alter von ein bis vier Jahren. Sie hat bereits einige Preise gewonnen. „In Südafrika ist es wichtig, für das Recht von Kindern und Jugendlichen auf Kultur zu kämpfen“, heißt es in dem Schreiben, mit dem sie sich für das Assitej-Treffen beworben hat. Während in Europa Theater für Kleinkinder schon selbstverständlich angeboten werde, gebe es für Kinder in Südafrika kaum die Möglichkeit, selbst Theater zu spielen.
Joanna ist besonders begeistert von den kontroversen Themen der Stücke, die beim Augenblick-Mal!-Festival gezeigt wurden: „In Südafrika wird dem Theater ein eher erzieherischer Zweck zugeordnet.“
Alle drei wünschen sich, dass sich auch in Zukunft Kinder und Jugendliche auf der ganzen Welt mit Theater befassen können. Nur weil Theater eine sehr alte Kunstform sei, heiße das nicht, dass sie für Jugendliche uninteressant sei, meint Francisco. Im Gegenteil: „Theater ist Bildung und Unterhaltung zugleich.“ Deshalb könne es gerade bei jungen Menschen den herkömmliche Schulstoff ergänzen.

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