Mit Coolness erfolgreich



Soulsängerin Leslie Clio startet im April eine Tournee. Foto: Kate Bellm

Sie arbeitet hart an dem Image, nicht hart arbeiten zu müssen: Leslie Clio hat ihr erstes Album produziert



Von Julika Bickel, 23 Jahre


Die meisten Menschen stellen sich irgendwann die Frage, wo sie hinwollen im Leben. Vielen macht diese Frage Sorgen. Bei Leslie Clio scheint das nie so gewesen zu sein: Sie wusste schon immer, dass sie Sängerin werden wollte. An der Verwirklichung dieses Traums hat sie lange, aber längst nicht so verbissen gearbeitet, wie man es sonst oft aus der Musikbranche hört. Dass das geklappt hat, ist vielleicht eine Ausnahme, aber irgendwie passt das. Denn auch Leslie Clio selbst ist anders: Als Ausnahmetalent wird sie von Musikkritikern bezeichnet, und ungewöhnlich ist auch, wie locker sie ihren neuen Beruf angeht: Ihr Album, das am 8. Februar erschien, heißt „Gladys“, weil sie den Ordner, in dem sie ihre Songs auf dem Computer speicherte, so benannt hat. Sie gebe allen Ordnern Mädchennamen, sagt sie.

Vor fünf Jahren habe sie jemand gefragt, wie sie sich in Zukunft sehen würde, erzählt sie. Sie habe geantwortet, sie wolle auf der Bühne stehen und Musik machen: „Trara – genau da stehe ich jetzt“, sagt sie heute.

Allerdings verheimlicht sie nicht, dass dazu auch Glück gehörte: Über eine Freundin lernte sie Nikolai Potthoff kennen, den Bassisten der Indie-Rockband Tomte. Mit ihm hat sie die Single „Told You So“ aufgenommen und schließlich ein ganzes Soul-Pop-Album produziert. „Ich konnte mit ihm genau das umsetzen, was ich wollte“, sagt sie. Vor einem Jahr hat die heute 26-Jährige einen Plattenvertrag bei Universal Music unterschrieben und kann nun von Musik leben.

Aus ihrem Mund klingt das sehr einfach, so als hätte sie Glück gehabt und nicht viel für den Erfolg tun müssen. Man vergisst fast, dass sie Gesangsunterricht genommen hat. Ihre Songs schreibt sie zudem alle selbst, sie zeichnen sich durch Schlichtheit, ihre kraftvolle Stimme und viel Herzschmerz aus: Sie sagt das selbst und glaubt auch nicht, dass es sich irgendwann ändern wird.

Leslie Clio singt englisch. Gelernt hat sie die Aussprache so wie das Singen durch Learning by Doing: „Ich habe englische Bücher gelesen, englische Filme gesehen. Das ist einfach ein Faible von mir.“ Sie lacht und imitiert den britischen und den  schottischen Akzent. Beim Englischlernen dürfte ihr zugute gekommen sein, dass sie nach dem Abitur zwei Jahre um die Welt gereist ist. Das war für sie auch Inspiration: „Beim Reisen wird man nicht vom Alltag gefressen. Da werde ich automatisch kreativ.“

Die Wahlheimat der gebürtigen Hamburgerin ist Berlin. Im April startet ihre Tour, sie wird unter anderem im Festsaal Kreuzberg singen.

In zehn Jahren sieht sie sich immer noch auf der Bühne. „Aber vielleicht mache ich dann ja mal afrikanische Buschmusik“, sagt sie. Aller Coolness zum Trotz wurde Leslie Clio auch von Zweifeln geplagt: Sie war ungeduldig, wollte nicht auf das große Los warten, bewarb sich um eine Ausbildung als Raumausstatterin, erhielt eine Zusage. Freunde redeten ihr das aus – zum Glück: „Dadurch hätte sich wohl alles verzögert“. Dann schiebt sie nach: „Aber irgendwann wäre es genau so gekommen, wie es heute ist.“

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