„Man darf nicht erwarten, entdeckt zu werden“

Zwei Gewinner des Bundeswettbewerbs junger Autoren über ihre Erfahrungen als Nachwuchsliteraten


Vom 22. bis 26. November findet das von den Berliner Festspielen ausgerichtete Treffen junger Autoren statt, bei dem junge Literaten aus ganz Deutschland zusammenkommen, um sich gegenseitig aus ihren Texten vorzulesen und voneinander zu lernen. Die Jugendredaktion sprach mit Josefine Berkholz und Antonino Polizzi, die zu den insgesamt zwanzig Preisträgern des Bundeswettbewerbs junger Autoren gehören, der jedes Jahr im Vorfeld stattfindet und zu einer Teilnahme am Treffen berechtigt.


Antonino Polizzi, 19 Jahre, schreibt Prosa. Foto: Martin Koch

Antonino, du hast mit deinem allerersten Text den Wettbewerb gewonnen.
ANTONINO: Ich war erstaunt, weil es fast 800 Teilnehmer gab. Das ist eine unglaubliche Anerkennung meiner Arbeit und dazu eine, die nicht von meinen Freunden oder Eltern kommt, sondern von Fremden. Jetzt bin ich ein bisschen aufgeregt, den Text öffentlich vorzutragen. Ich freue mich aber auf die Workshops und besonders darauf, neue Leute kennenzulernen.


Josefine, als U20-Vize-Meisterin der Deutschsprachigen Poetry Slam Meisterschaften hast du Wettbewerbserfahrung. Was erwartest du vom Austausch mit den anderen Autoren?
JOSEFINE: Ich hoffe auf viel neuen Input. Es interessiert mich, wie die anderen schreiben. Gerade bei Lyrik ist es schwer zu definieren, was man eigentlich macht. Deswegen bin ich gespannt, was die anderen für Ansprüche an ein Gedicht stellen.


Antonino, du hast als Praktikant bei den Berliner Festspielen den Wettbewerb auch vonseiten der Organisatoren kennengelernt. Welche Erfahrungen hast du gemacht?
ANTONINO: Durch die öffentliche Lesung und die Werkstattgespräche hinter verschlossenen Türen entsteht eine sehr produktive Atmosphäre. Es bildet sich ein Schutzraum, in dem man sich entfalten und Neues probieren kann, ohne sich bloßzustellen. Das Treffen findet ja nach dem Wettbewerb statt, das heißt, man verspürt keinen Konkurrenzdruck mehr.


Worüber schreibt ihr?
JOSEFINE: Grundsätzlich kann man ja über alles schreiben. Ich vermeide aber große Themen, die mir zu abgegriffen erscheinen. Generell muss man sich fragen, was die Zuhörer und Leser von den eigenen Texten haben. Wenn man vor 200 Leuten etwas vorträgt, hat man auch eine große Verantwortung und muss sich fragen, mit welchem Gefühl man die Leute nach Hause schickt.


ANTONINO: Ich schreibe über Alltagsthemen, die ich aber in einer nicht alltäglichen Form darstelle. Durch eine bildhafte Sprache suche ich eine neue Perspektive auf das Gewöhnliche.


Josefine Berkholz, 19 Jahre, schreibt Lyrik. Foto: Privat

Gibt es quälende Momente beim Schreiben oder kommen die Worte von allein?
JOSEFINE: Eigentlich gibt es beim Schreiben mehr quälende als erhebende Momente, aber am Ende hat man immer das Gefühl, dass es das wert war. Zwar kann ich meine Ansprüche an mein eigenes Schreiben nie ganz erfüllen, aber wenn ich nicht schreibe, dann fehlt mir etwas.


Bietet unsere Gesellschaft genügend Raum für literarische Nachwuchstalente, in dem produktiv über Literatur geredet werden kann?
JOSEFINE: Ich glaube schon, dass es einen Raum für Literatur gibt, aber vor Lyrik schrecken viele zurück. Dabei kann Lyrik begeistern und mitreißen. Das ist vielleicht die Aufgabe: die Kurve zu kriegen zwischen künstlerischer Freiheit und Zugänglichkeit, sich als Dichter nicht fürs Publikum zu verbiegen, sich aber auch nicht im Elfenbeinturm zu verbarrikadieren.


ANTONINO: Ich denke, es gibt durchaus Foren und Förderangebote sowohl für Profi- als auch für Nachwuchsautoren. Man muss sich aber auf jeden Fall nach ihnen umsehen und darf nicht darauf warten, entdeckt zu werden.


Interview: Cordula Kehr, 21 Jahre.


Am 23. 11 lesen die Preisträger des „Treffen junger Autoren“ um 19 Uhr im Haus der Berliner Festspiele. Der Eintritt kostet 5 Euro.

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