Der Weg auf die Bretter, die die Welt bedeuten

Hauptdarstellerin Mariam Akopjan greift, wenn nötig, auch selbst zu Schwamm und Puderdose. Foto: Raufeld/ Lisa Opolka

Der Friedrichstadt-Palast hat Europas größtes Jugendensemble. Die Ausbildung ist schwer, lohnt sich aber


Von Lisa Opolka, 17 Jahre


Mein Name ist Wurst, Currywurst, und das sind meine Fritten“, stellt sich Herr Wurst vor und legt mit seinen frittierten Freunden auf der Bühne des Friedrichstadt-Palastes eine schwungvolle Choreografie hin. Ebenso bunt und mitreißend folgen Marshmallows, Sahneschnittchen und Lakritze. Im Anschluss an die Performance hört man tosenden Beifall und Bravorufe aus dem Publikum und sieht strahlende Gesichter auf der Bühne. Nach der Premiere der Kindershow „Ganz schön anders“ Anfang November wissen die Kinder und Jugendlichen des jungen Ensembles des Friedrichstadtpalastes, dass sich die monatelange Arbeit und die vielen intensiven Proben gelohnt haben. Fast jeden Nachmittag laufen seitdem die Vorstellungen.

Eine Stunde vor Beginn ist die Bühne noch verlassen, doch hinter den Kulissen sind die Vorbereitungen in vollem Gange. Von dem Glamour und Glitzer auf der Bühne ist hier jedoch nichts zu spüren: Hinter dem Bühneneingang verbergen sich lange, mit Neonlicht ausgeleuchtete Flure und viele Türen. Mariam Akopjan ist seit eineinhalb Jahren Mitglied des jungen Ensembles am Friedrichstadtpalast. Die 15-Jährige spielt in dieser Inszenierung die Hauptrolle: Die schüchterne und stille Schülerin Helene, die in der Schule oft gehänselt wird und keine Freunde hat. „Am Anfang war es schwierig, sich in so eine Rolle hineinzuversetzen, wenn man wie ich noch nie in so einer Situation war“, erzählt sie. In „Ganz schön anders“ erfindet Helene, um ihrer Einsamkeit zu entgehen, „Lolly Lakritzes Abenteuer im Zuckerwatteland“ und alles, was sie sich ausdenkt, scheint auf der Bühne real zu werden. So erschafft sie sich die fröhliche Welt, die ihr ihr Alltag nicht bietet. Es ist nicht schlimm, anders zu sein als die anderen, aber es hilft, die Welt anders zu sehen, lautet die Botschaft des Stückes für Kinder ab fünf Jahren. „Die Proben und der Zusammenhalt untereinander waren bereits toll. Aber der Höhepunkt war die Premiere, da war alles perfekt“, sagt Mariam.


In der Maske, in der schon mehrere andere Kinder geschminkt werden, greift sie selbst zu Schwamm und Pinsel, hinter ihr im Regal stehen bunte Perücken. Wie viele andere hier träumt auch sie davon, später Musicaldarstellerin zu werden.


Mit mehr als 250 Mitgliedern ist das junge Ensemble des Friedrichstadtpalastes das größte Jugendensemble in Europa, mehr als 500 Kinder bewerben sich jedes Jahr um eine Mitgliedschaft. Viele der Kinder sind schon seit ihrem siebten Lebensjahr dabei. Die Mitglieder werden von einem Team um Direktorin Christina Tarelkin ausgewählt. Wer Talent zum
Tanzen und die körperlichen Voraussetzungen mitbringt, beginnt eine professionelle Ausbildung bis ins Teenageralter. Ehemalige Mitglieder wie die Schauspielerinnen Julia Richter und Alina Levshin zeigen, dass das junge Ensemble manchmal auch Sprungbrett für eine weitere Karriere sein kann.


Die jungen Schauspieler bekommen schnell Routine. So aufgeregt wie vor der Premiere vor drei Wochen ist Mariam inzwischen nicht mehr. „Vielleicht unmittelbar vor der Vorstellung noch ein wenig. Aber wenn ich dann auf der Bühne stehe, macht es einfach nur noch Spaß“, sagt sie.

Das könnte Dich auch interessieren