„Das A und O ist das Zuhören“

York von Negenborn (18) hat gerade am Evangelischen Gymnasium zum Grauen Kloster sein Abitur bestanden und geht nun als Freiwilliger nach Tansania. Foto: Jugend debattiert

Der 18-jährige Berliner York ist der beste Debattierer im Lande. So beherrscht auch ihr jede Diskussion


York, weil du so gut überzeugen kannst, hast du Ende Juni den Bundeswettbewerb von „Jugend debattiert“ in der Sekundarstufe II gewonnen. Wir wollen bei Diskussionen auch immer die Oberhand behalten. Was sind deine Tricks?

Das A und O des Debattierens und generell der Rhetorik ist das Zuhören. Du kannst nur dann gut antworten, wenn du richtig zugehört hast. Oft beobachtet man, dass die Leute beispielsweise in Talkshows aneinander vorbeireden und sie einfach nur ihre Meinung rauströten. Aber stattdessen musst du dir genau überlegen: Was hat mein Vorredner gesagt, und wie kann ich darauf eingehen?


Wie sieht das in der Praxis aus?

Es gibt die so genannte Drei-Stühle-Regel: Anknüpfen, Kommentieren, Schlussfolgern. Nehmen wir zum Beispiel an, du sagst, dass Schüler durch die Einführung von Schuluniformen Geld sparen können. Dann wiederhole ich das zunächst zusammenfassend, bevor ich kommentiere: Ich stimme dir zum Beispiel zu, dass sie vormittags gezwungen sind, immer die gleiche Kleidung zu tragen, allerdings wage ich zu behaupten, dass sich die Schüler dann gerade am Nachmittag und am Wochenende umziehen und schick machen wollen. Und zuletzt schlussfolgere ich, sage, dass es nämlich gerade darum nicht zu Einsparungen, sondern zu zusätzlichen Kosten kommt, da die Schüler nun Alltags- und Schulkleidung anschaffen müssen.


Das hört sich leicht an, aber was machst du denn, wenn du bei einem Argument oder einer Frage einfach gar nicht mehr weiterweißt?

Dann probiere ich, mir erst einmal Zeit zu verschaffen: Am besten wiederholt man das Argument oder die Frage des anderen noch einmal, um länger nachdenken zu können. Wenn auch das nicht hilft, dann stelle ich die Frage als irrelevant dar oder als zu komplex für die Debatte und weiche aus, indem ich noch einmal auf das grundlegende Problem eingehe. Das ist mir übrigens selbst auch in der Abitur-Präsentationsprüfung passiert, und da hat die Taktik blendend funktioniert.


Ich brauche ein Beispiel: Überzeuge mich, warum es auf jeden Fall „das Nutella“ heißen muss!

(denkt kurz nach und sprudelt dann los) Tagtäglich essen es Millionen von Menschen, manche mixen es mit Marmelade, andere mit Butter: „das Nutella“. Genau: das. Dafür gibt es drei Argumente: Erstens handelt es sich hier um etwas Asexuelles. Aus reinen Marketinggründen würde eine Firma sich nie für ein Produkt entscheiden, das ein Geschlecht bevorzugt – alle sollen eingeschlossen sein. Zweitens hat Nutella für viele eine Bedeutung. Ja, man könnte „der Brotaufstrich“ oder „die Creme“ sagen, aber, nein, es ist „das Glücksgefühl“. Nutella ist etwas Besonderes und verdient deswegen einen eigenen Artikel. Und drittens (überlegt) fällt mir jetzt noch eine Statistik ein, die besagt, dass 53 Prozent der Deutschen meinen, dass es „das Nutella“ heißt. Also ist die Sache glasklar, es heißt: „das Nutella“.


Interview: Deborah Hermanns, 19 Jahre


Alles über die nächste Runde von Jugend debattiert findet ihr unter: www.jugend-debattiert.de

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