Prominent gefragt: Judith Holofernes



Judith Holofernes singt und spielt Gitarre bei der Band Wir sind Helden. Foto: Billy & Hells


Judith Holofernes fragt die Jugendredaktion: „Liebe Jugendredaktion: Die Musik­industrie geht den Bach runter, und viele sagen, dass Musik für die Jugend keinen Wert mehr habe. Und klar, wenn man sieht, wie viele Teenager das mickrige Gepupse aus ihren Handys für Musik halten, dann kann man das fast glauben. Auf der anderen Seite kann ich mir nicht vorstellen, dass Musik euch weniger bedeutet als mir früher. Musik zu lieben, liegt in unserer Natur. Was denkt Ihr, verliert die Musik an Wert, weil sie überall umsonst verfügbar ist? Und wenn man keine Musik mehr kauft, was könnte es dann für alternative Systeme geben, die sicherstellen, dass auch unbekanntere Künstler von der Musik leben können?“


Die Jugendredaktion antwortet: Liebe Judith, auch wenn Deine Fragen alles andere als einfach zu beantworten sind, kann ich Dich vorläufig beruhigen: Die Musik hat nichts an Bedeutsamkeit eingebüßt. Wir lieben sie weiterhin.


Wenn überhaupt von einem Werteverfall die Rede sein kann, dann im kommerziellen Sinne. Denn ironischerweise verliert die Musik an Wert, da ihr Kaufwert unaufhörlich steigt. Das Geld, für das ich damals mit Stolz meine allererste „Bravo Hits 2000“-Doppel-CD erstanden habe – die übrigens aus heutiger Einsicht auch nur aus Gepupse bestand –, reicht heutzutage gerade einmal für eine Maxi-CD. Sicherlich hängt diese Entwicklung mit dem florierenden illegalen Tauschhandel im Internet zusammen, der die Entertainmentindustrie zu ruinieren droht. Um zu überleben, verlangt diese daraufhin für ihre Produkte noch mehr, wo­raufhin sich wiederum noch mehr Menschen – meist mit Wehmut – von CDs verabschieden und aus Rache anfangen zu saugen, bis die Platine durchschmort.


CDs haben nur noch einen optischen Wert, einen, den ich persönlich immer noch sehr schätze. Aber selbst ich überlege es mir mittlerweile beim CD-Kauf dreimal, ob ich mir das gute Stück nicht besser später aus der Bibliothek holen oder es mir von einem Freund schmarotzen sollte.


Dennoch besteht für alternative Systeme keine Notwendigkeit. Das „Live dabei sein“ ist populär wie eh und je – Konzerte und Gigs sind für neue Bands nach wie vor die besten Möglichkeiten zum Aufstieg. Um jedoch der zunehmenden Kommerzialisierung und Ausbeute durch die Labels entgegenzutreten, braucht es bereits erfolgreiche Bands wie die Helden, die jungen Künstlern unter die Arme greifen. Vielleicht könnten sich auch mehrere unabhängige Bands zusammenschließen, um sich nicht im kältesten Gewerbe der Welt prostituieren zu müssen.


Bleib weiterhin eine Heldin, und mach diejenigen mit deiner Musik glücklich, die sie zu schätzen wissen. Damit ist schon viel erreicht.


Dein Jakob Saß (19 Jahre)

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