Prominent gefragt: Sebastian Lehmann

Sebastian Lehmann liest vom 24. bis 27. November mit der Lesedüne im Mehringhoftheater. (Foto: Hendrik Schneller)

Sebastian Lehmann fragt die Jugendredaktion: „Im Moment reden alle Politiker über Integration und Migration. Hat das überhaupt mit eurer Lebenswirklichkeit zum Beispiel in der Schule zu tun, und klappt das Zusammenleben im Alltag nicht eigentlich ziemlich gut?“


Die Jugendredaktion antwortet:

Lieber Herr Lehmann, zweifelsohne reden die Politiker gerade viel über Integration und Migration, dass auch immer viel gesagt wird, ist dadurch nicht obligatorisch.


An jeder Schule gibt es Gruppen. Das ist auch ganz normal, sie werden auf Basis gemeinsamer Interessen und Vorlieben gebildet. An meiner Schule gibt es Gruppen von Ausländern. Sie sind Freunde, weil sie einander verstehen. Und hier ist nicht die sprachliche Ebene gemeint. Es ist nicht ganz leicht, sich in andere Kulturen hineinzuversetzen. So haben etwa Araber oder Russen Probleme, die vielleicht für manch einen Deutschen nicht leicht nachzuvollziehen sind. Dieses Verständnis ist es, was die Jugendlichen mit Migrationshintergrund miteinander verbindet – nicht eine eventuelle Intoleranz gegenüber der deutschen Kultur.


Ich bin Ausländerin. Ich will sagen können, dass ich hier zu Hause bin. Doch wozu all die Mühe, mich anzupassen, wenn es ohnehin heißt, ich sei nicht deutsch?


Erst im vergangenen Jahr erhielt ich Anerkennung. Für meine Leistungen und meine Hingabe durfte ich ein Stipendium entgegennehmen, ermöglicht von einer Stiftung, die engagierte Jugendliche mit Migrationshintergrund fördert. Es öffnete mir die Augen. Ich verstand, dass man uns nicht gänzlich aufgegeben hatte. Mühe konnte sich lohnen.


Ich kenne keine universelle Antwort auf Ihre Frage. Das Zusammenleben der Kulturen klappt an viel mehr Orten sehr gut, als viele denken. Gewiss haben einige Migranten keinen vorbildlichen Notendurchschnitt oder sind kriminell. So wie es jene gibt, gibt es solche. In jeder Kultur. Spricht man von Menschen, ist nicht zu generalisieren. Jeder verdient, als Individuum anerkannt zu werden. Wenn differenziert werden soll, dann nach Faktoren, die man im Laufe des Lebens erworben hat, nicht nach Herkunft oder Hautfarbe.


Fehlende Integration ist möglicherweise gar nicht Schwachpunkt dieses Staates. Vielleicht sind es viel eher die Probleme, die einfach mitunter auch Migranten betreffen. Das ist ein Unterschied.


Wenn ich ebenso verallgemeinernde Aussagen treffen wollen würde, wie manch ein Politiker, so würde ich meinen, dass Migranten sämtlich sehr gut integriert sind – ich kenne es aus meiner Umgebung nicht anders. Das ist zwar nur meine persönliche Erfahrung, diese genügt mir jedoch, um davon überzeugt zu sein, dass Integration wohl zugegebenermaßen nicht überall tadellos verläuft. Aber so viel Alarmismus, wie die Medien verbreiten, kann nicht gerechtfertigt sein.


Ihre Duyen Phuong Tran (15 Jahre)

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