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Die alte Dame Europa braucht Kompromisse. Ein Kommentar

Konfrontiert mit Problemen wie der Flüchtlingskrise, dem Brexit und einem sich verschärfenden Rechtspopulismus wird es für die EU immer schwerer, rasche Entscheidungen zu treffen. Jugendliche verschiedener europäischer Länder diskutiert über diese Probleme und ihre Lösungen.

Ein Kommentar von Gina-Maria Ristow, 15 Jahre

„Europa ist eine alte Dame – jung geblieben, jedoch von Krankheiten geplagt.“ Mit diesen Worten eröffnete Leonie Siegel, diesjährige Präsidentin von „Modell Europa Parlament“, kurz MEP, feierlich das Planspiel. Jugendliche aus Deutschland, Belgien, Bulgarien und Luxemburg simulieren darin die Arbeit der Abgeordneten des Europa-Parlaments. Ich war eine von ihnen.

Gina-Maria Ristow, MEP-Abgeordnete.

Intensiv haben wir, die MEP-Abgeordneten, die Krankheiten analysiert, die die alte Dame Europa schwächen und gebrechlich werden lassen. Belastungen, wie zunehmende nationalistische Tendenzen, die Flüchtlingskrise, die ansteigende Radikalisierung Jugendlicher sowie der daraus resultierende Mangel an Sicherheit. Und über allem der Brexit – ein Schlag in ihren Magen, der sie taumeln lässt. Wird sie den Verlust, der mit dem Austritt einhergeht, verkraften können? Oder wird sie von den sie plagenden Krankheiten zerstört werden?

Die EU muss sich auf Kompromisse einigen, um sich zu heilen. Muss eine gemeinsame Basis finden, um anschließend eine geschlossene Position vertreten zu können. Das ist leichter gesagt als getan, wie auch wir erleben mussten. Nach endlosen Sitzungen und hitzigen Diskussionen haben wir jedoch unseren Weg gefunden, um Europa zumindest erst einmal zu stabilisieren und zu stützen.

Beispiel Brexit: In unserer Resolution wird das Vereinigte Königreich den europäischen Binnenmarkt nicht verlassen, der an die vier Freiheiten gekoppelt ist: den freien Waren- und Kapitalverkehr – also Großbritanniens Wünsche –, aber auch den freien Personen- und Dienstleistungsverkehr, welche die Stabilität Europas weiterhin wahren sollen. Denn man kann Europa nicht verlassen, um sich aller Verpflichtungen zu entledigen, und gleichzeitig die Vorzüge genießen.

Erasmus-Programme für Erwachsene

Abgesehen davon muss die Bevölkerung stärker über die Bedeutung und Relevanz der EU für jeden Einzelnen aufgeklärt werden. Aufklärung ist der Schlüssel zum Lösen vieler Probleme: Man wird ohne direkten Kontakt zu den Bürgern weder die Radikalisierung Jugendlicher noch nationalistische Gesinnungen bekämpfen können. Politik muss für jeden von uns erreichbar sein – und die Erfolge der EU spürbar im alltäglichen Leben! Supranationale Kulturprojekte müssen gefördert werden und Berufstätige sollten, genauso wie Jugendliche, die Möglichkeit haben, mit Programmen wie „Erasmus“ Erfahrungen im Ausland zu sammeln. Nur so nehmen wir nationalistischen Parteien und Extremisten die Möglichkeiten, Menschen, die das Gefühl haben, von der Politik ignoriert zu werden, von ihren Ideologien zu überzeugen.

Brauchen wir eine EU-Armee? Das war Thema in einem anderen Ausschuss, in dem wir uns mit der europäischen Verteidigungspolitik beschäftigten. Hier eine Antwort zu finden, fiel leicht: Nein. Denn dass diese überflüssig wäre, beweisen bereits die seit 2004 bestehenden, ungenutzten militärischen EU-Battlegroups. Lieber in effektive, bereits funktionierende Projekte investieren, etwa die Ad-hoc-Streitkräfte, eine Friedenstruppe als human-soziale Hilfe, und supranationale Bündnisse stärken. Schließlich wollen wir uns nicht bloßen Sachzwängen unterwerfen, sondern die Ursprünge der Probleme bekämpfen und mit Herz und Verstand gemeinsam die beste Lösung für Europa finden.

Mit Herz und Verstand die beste Lösung für Europa finden!

Ein weiteres wichtiges Thema – die Flüchtlingskrise. Man muss sich hierbei in erster Linie Gedanken darüber machen, wie Fluchtursachen bekämpft werden können, anstatt zu überlegen, wie man die Flüchtlinge, die unter Einsatz ihres Lebens hierhergekommen sind, am Besten in ihr „sicheres“ Heimatland zurückschicken kann. Schließlich wollen wir uns im Endeffekt nicht bloßen Sachzwängen unterwerfen, sondern die Ursprünge der Probleme bekämpfen und mit Herz und Verstand gemeinsam die beste Lösung für Europa finden!

Mehr Informationen zum Planspiel „Modell Europa Parlament“ findet ihr unter: www.mepgermany.de

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Schreiben – Schauspielern – Tanzen: So sieht mein Leben aus. Denn diese Dinge sind für mich mindestens genauso wichtig, wie: Atmen - Trinken - Essen, was ich notgedrungen natürlich auch dazwischenschiebe. Ich bin 17 Jahre alt, Schülerin des bilingual-deutsch-französischen Zweiges des Romain-Rolland-Gymnasiums und freue mich wahnsinnig für Spreewild meiner Schreibader freien Lauf lassen zu können! Sprachbegeistert, wissensdurstig, und neugierig auf alles, was das Leben für einen bereithält, wüsste ich nichts Schöneres, als von dem zu berichten, was einen fasziniert, empört, gefällt und bewegt!