Bundeswehr

Bundeswehr drängt immer offensiver in die Lebensrealität junger Leute

Ben ist schockiert von der systematischen Anwerbung Jugendlicher. Ein Kommentar

Als ich vor fast drei Jahren an dieser Stelle über die Rekrutierung Minderjähriger durch die Bundeswehr schrieb, entsetzte dies noch viele meiner Bekannten. Heute ist das gezielte Anwerben Jugendlicher zu einem Alltagsphänomen geworden, dem die meisten nur noch wenig Aufmerksamkeit schenken. Durch zahlreiche Werbekampagnen, die Webserie „Die Rekruten“ oder Sportveranstaltungen wie „Bundeswehr Olympix“ hat sich das deutsche Militär über die vergangenen Jahre hinweg offensiv in die Lebensrealität junger Leute gedrängt.

Nun zeigen die Antworten des Bundesverteidigungsministeriums auf mehrere kleine Anfragen der Linken aus diesem Jahr jedoch, dass Bundeswehrpräsenz nicht nur punktuell, sondern breit organisiert stattfindet. Besonders ausgeprägt ist dies zum Beispiel im Sportbereich. So nahm die Bundeswehr in den vergangenen beiden Jahren an mehr als 120 Sportveranstaltungen teil und erreichte dabei fast zwei Millionen Menschen. Sie unterhält Kooperationen mit Dutzenden Sportvereinen, darunter namhafte Fußballclubs wie Werder Bremen und Dynamo Dresden. Ziel ist es, nicht nur junge Menschen, sondern auch ältere Kontaktpersonen wie Trainer anzusprechen, die als Multiplikatoren wirken sollen, um weitere Jugendliche zu gewinnen.

Diese Strategie scheint zu funktionieren: Nie zuvor gab es in Zeiten fehlender Wehrpflicht mehr minderjährige Rekruten als heute, nämlich 1 576. Damit ist zur Zeit jeder 14. neu auszubildende Soldat jünger als 18 Jahre. Die Minderjährigen erhalten zwar umfassende Waffentrainings, werden aber noch nicht zum Dienst an der Waffe eingesetzt. Dies kann sich jedoch ab ihrem 18. Geburtstag schlagartig ändern. So haben inzwischen 173 der seit 2011 minderjährig ausgebildeten Soldaten als junge Erwachsene in Auslandseinsätzen gedient, über 150 allein im vergangenen Jahr.

Persönlich schockiert mich das Vorgehen der Bundeswehr mehr als noch vor drei Jahren. Sie untergräbt gezielt soziale Strukturen, um sportliche Minderjährige zu rekrutieren, und schickt diese dann nicht selten nach ihrer gesetzlichen Schonfrist auf Auslandseinsätze. Wer weiß, welche moralischen Grenzen die Bundeswehr bei ihrer Frühförderung noch überschreiten wird? Plant sie womöglich schon bald Bundeswehr-Malbücher mit Camouflage-Buntstiften oder Soldaten-Teddys namens „Bundesbär“?

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Ende 2013 wurde ich Mitglied der Jugendredaktion. In der Zwischenzeit hat sich mein Leben ganz schön verändert. Doch noch immer denke ich gern um die Ecke und habe oft unkonventionelle Vorstellungen. Die Tätigkeit bei der Zeitung hilft mir, diese anderen verständlich zu machen und selbst zu hinterfragen. Dabei verirre ich mich manchmal im Detail, gelange letztendlich jedoch weiter heraus als ich zuvor gewesen war.