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Erziehung darf das Internet nicht ausklammern

Friederike Deichsler hofft, dass sich Eltern mehr mit Younow beschäftigen.

Gedacht war Younow als Präsentationsplattform für junge Musiker und andere Talente. Mittlerweile ist das Streaming-Portal bei jungen und noch jüngeren Jungs und Mädchen, die scheinbar ihren Youtube-Idolen nachzueifern versuchen, mindestens genauso beliebt. Die Zahl derer, die sich mit der Webcam oder dem Smartphone filmen und das Aufgenommene live in die Welt senden, steigt täglich. Monatlich werden mehr als 100 Millionen Filme veröffentlicht.

Offiziell freigegeben ist Younow ab 13 Jahren. Dass zahlreiche Nutzer au­gen­­­scheinlich jünger sind, ist nur ein Problem. Alarmierender: Die Heranwachsenden plaudern scheinbar bedenkenlos aus dem eigenen Leben. Auf Nachfrage wird die Telefonnummer und Adresse preisgegeben und berichtet, dass man gerade allein zu Hause ist. Nun kann vielleicht von einer 12-Jährigen nicht erwartet werden, dass sie die möglichen Folgen ihrer verbalen Freizügigkeit vollends überblickt. Dennoch muss sie dafür sensibilisiert werden, dass im Netz nicht nur nette Menschen unterwegs sind und sich hinter Tobias, 13, vielleicht Manfred, 49, verbirgt. Aber wie?

Ein elterliches Verbot wäre vermutlich wenig zielführend, sondern würde vielmehr eine Jetzt-erst-recht!-Haltung provozieren. Schließlich spielen soziale Medien im Leben junger Menschen eine große Rolle. Nicht selten resultiert die Offenheit im Internet aus dem Wunsch heraus, nicht mehr als Kind gesehen werden zu wollen. Gespräche auf Augenhöhe, bei denen sich die Jugendlichen ernst genommen fühlen, könnten also helfen. Das setzt natürlich voraus, dass sich Eltern der Existenz von Younow überhaupt bewusst sind. Statt ihre Unwissenheit auf die rasante mediale Entwicklung zu schieben, mit der man unmöglich mithalten könne, sollte Interesse an die Stelle von Resignation treten. Informiert das Gespräch mit dem Nachwuchs zu suchen und offen Bedenken zu äußern, könnte vielleicht Wunder bewirken. Und, liebe Youtuber: Anstelle des nächsten dm- vielleicht ein Aufklärungs-Haul?

Von Friederike Deichsler, 19 Jahre

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Kategorien Klartext Medien Social Media YouTube & Apps

„Wenn Sie Journalistin werden wollen, sind Sie in diesem Studiengang falsch“, hörte ich im ersten Semester nicht nur einmal. Trotzdem habe ich mittlerweile, mit 22, meinen Abschluss – und arbeite stetig daran, den Zweiflern das Gegenteil zu beweisen. Denn das Schreiben lasse ich mir nicht mehr wegnehmen. Es ersetzt für mich rauschzustandsauslösende Substanzen, es ist mein Ventil, wenn die Gedanken zu laut schreien und kein Platz für ekstatisches Tanzen ist. Schreiben kann ich über all das, wonach niemand fragt, was im Gespräch niemand von mir wissen will. Am spannendsten ist aber, anderen Menschen zuzuhören und ihre Geschichte zu erzählen.