Google Street View in der Erdkundestunde

Josephine Valeske: „Die Schule sollte sich moderner Technik nicht verschließen.“ Foto: Privat

Von Josephine Valeske, 16 Jahre


Es ist ein Szenario wie aus einem Science-Fiction-Film: Schüler sitzen in Reih und Glied im Klassenraum, jeder mit einem Tablet-PC in der Hand, tippen lautlos. Die zwischenmenschlichen Fähigkeiten verkümmern, ebenso die Handschrift, Tinte wird überflüssig. Auch gelesen wird kaum noch, der Schulstoff wird nur noch in Form von Videos erklärt.

Als vor einigen Wochen an meiner Schule die Idee aufkam, nach und nach alle Schüler mit Tablets auszustatten, hatte eine große Zahl der Lehrer und auch der Schüler solche Horrorvorstellungen von der Zukunft. Obwohl an unserer Schule noch gar nicht geklärt ist, ob die Ta­blets wirklich kommen, geschweige denn, wie sie finanziert werden könnten, hat das Thema sowohl das Lehrerkollegium als auch die Schüler in zwei Lager gespalten.

Viele Erdkundelehrer kommen ins Schwärmen beim Gedanken daran, gerade im Unterricht behandelte Regionen per Google Street View zu erkunden; Mathelehrer träumen von dreidimensionalen Koordinatensystemen, in denen jeder beliebige Körper in Sekundenschnelle erscheint.


Furcht vor der Technik


Andere fürchten aber, dass Schüler nach und nach das Schreiben verlernen werden, dass sie nicht mehr in Büchern nachschlagen und von der Informationsflut im Internet erstickt werden. Sie sehen die Schule als letzten Rückzugsort von der Technik, die ansonsten im Alltag immer wichtiger wird. Zudem fragen sie sich, wie sie kontrollieren sollen, was die Schüler mit dem Tablet anstellen – im Internet gibt es unzählige Apps und Spiele, die vom Unterricht ablenken können.

Doch Spiele werden schon jetzt gespielt und zwar auf der kleineren Variante des Tablets, dem Smart­phone. Außerdem gab es schon immer Wege, sich abzulenken, früher eben mit dem Galgenmännchen, heute mit moderner Technik. Und die Angst, Grundfertigkeiten wie die Schreibschrift würden nicht mehr erlernt, erinnert irgendwie an frühere Diskussionen über die Einführung von Taschenrechnern. Inzwischen ist ihr Gebrauch im Matheunterricht ganz normal und Kopfrechnen können die Schüler trotzdem immer noch.


Spicken mit dem Smartphone


In jedem Fall braucht es für alle Berliner Schulen eine einheitliche Regelung, ob und wie die moderne Technik in den Unterricht integriert werden soll. Was ohne klare Regeln passiert, kann man heute schon am Beispiel der Smartphones beobachten: In einigen Schulen sind sie verboten, in anderen ist es Gang und Gäbe, einerseits im Politikkurs die aktuellsten Neuigkeiten zu recherchieren aber andererseits auch bei Klausuren zu spicken. Beide Extreme – komplettes Verbot und Freibrief fürs Spicken – sind nicht ideal. Der Einsatz von Tablets sollte daher nicht von der persönlichen Meinung des jeweiligen Schulleiters abhängen. Man muss sogar die Frage stellen, ob es nicht eigentlich die Pflicht der Schule ist, den Schülern einen verantwortungsvollen Umgang mit der modernen Technik, ihren Möglichkeiten und Gefahren, beizubringen. Schließlich soll sie uns doch auf das Leben vorbereiten – in dem Tablets nun mal vorkommen, ob es uns passt oder nicht.


Tafel und Papier oder Smart­board und Tablet? Womit lernt ihr lieber? Sagt uns eure Meinung!

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Kategorien Klartext Schule

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