Marie Röder meint, dass Spamnachrichten gegen Lästerseiten legitim sind.
Was in der amerikanischen Serie „Gossip Girl“ als unrealistische Idee erschien, ist mittlerweile Alltag an Berliner Schulen: eine Plattform im Internet, die es Usern ermöglicht, anonym über Mitschüler herzuziehen, zu tratschen und sie zu beleidigen – den Namen wollen wir hier nicht weiter verbreiten. Jeder kann für seine Schule ein Forum eröffnen, in dem dann hemmungslos über Mitschüler gelästert wird. In Rankings können die Benutzer ihre abfällige Meinung über andere kundtun. So wird „die mit den geilsten Titten“ oder „die größte Schlampe“ gekürt. Dass die Kommentare weit über harmlose Lästereien hinausgehen, ist bei dieser Themenauswahl zu erwarten.
Obwohl die öffentlichen Beleidigungen unter den Begriff „Cybermobbing“ fallen und die Opfer mit vollem Namen genannt werden können, ist gegen die Betreiber der Seite rechtlich wenig zu machen. Denn die Hochburg der Gossip Girls und Boys wird angeblich über einen Server im Ausland betrieben. Deutsches Strafrecht ist also ungültig. Die Möglichkeit, anstößige Kommentare zu melden, scheint bloße Fassade, denn der Leser sucht erfolglos nach Niveau in dem Lästerforum. Sexismus und Beleidigungen sind an der Tagesordnung.
Eine angemessene Reaktion auf die lauffeuerartige Verbreitung der Website zu finden, ist schwer. Diskutieren Lehrer das Thema im Unterricht, ist zu erwarten, dass die Internetseite noch mehr Zulauf bekommt. Verschweigen sollte man das Problem aber auch nicht. Die Auswirkungen auf die Betroffenen und die Gefahr, die die öffentliche Verbreitung intimer Details aus dem Privatleben mit sich bringt, sind nicht zu unterschätzen. Deshalb ist es erschreckend, dass auf kritische Kommentare, die auf frühere Selbstmorde von Mobbingopfern hinweisen, nicht eingegangen wird. Angebliche Schwangerschaften von Neuntklässlerinnen bieten mehr Gesprächsstoff.
Um den Internetterror zu stoppen, finden sich immer mehr User, die statt Kommentaren wissenschaftliche Definitionen, Reiseberichte oder Bibelverse hochladen. Das ist der einzige Weg, die Attraktivität der Seite zu mindern und den Lästermäulern den Spaß zu vermiesen, denn schon nach wenigen Einträgen vergeht dem Leser die Lust auf das Suchen nach den tatsächlichen Gemeinheiten im Wirrwarr der anderen Texte. Wer diese Offensive gestartet hat, ist zu beglückwünschen. Er hat endlich Spamnachrichten für den guten Zweck erfunden.
von Marie Röder, 18 Jahre