Rapperin und Sängerin Amanda
Früher She-Raw, heute Amanda.
Interview

Amanda: „Wenn man talentiert genug ist, wird das Geschlecht egal“

Als She-Raw machte sie sich einen Namen, als Deutsch-Rap noch Underground war. Jetzt steht sie mit ihrem eigenen Album „Karussell“ auf der Bühne – nicht mehr als Feature, nicht mehr für die Backing Vocals, sondern ganz vorn als Amanda.

Vor kurzem bist du in deiner Heimatstadt Berlin aufgetreten. Was war das für ein Gefühl?
Die ganze Tour ist etwas Besonderes, es ist das erste Mal überhaupt, dass ich mein eigenes Konzert spiele. Und dann auch noch zu Hause, da ist der Druck noch größer. Es war total aufregend, ausverkaufte Hütte. Ich habe ständig Freunde und Bekannte entdeckt. Das ist dann, als ob die Band hinter mir gleich noch mehr Mitglieder hat, nur das die vor der Bühne stehen.

Kein Künstlername mehr, Deutsch statt Englisch – bist du heute eine andere Musikerin als vor 10 Jahren?
Ich bin ja ein ganz anderer Mensch. Der Wandel kam vor zwei Jahren. Zu dieser Zeit habe ich beim Radio gekündigt und die Lebensentscheidung getroffen, nur noch Musik zu machen. Ich habe gedacht: ‚Du musst dein Leben jetzt endlich in den Griff kriegen.’ In dem Zuge kam auch der Wandel von She-Raw zu Amanda, weil ich einfach diese krasse Entscheidung getroffen hatte.

„Wenn ich zurückgehen könnte, würde ich früher eine Ausbildung machen, denn dann hätte ich früher Zeit für die Musik gehabt.“

Die Sprache der Texte ist oft auch eine kommerzielle Frage. Wie stehst du dazu?
Wenn ich danach gehen würde, müsste ich auf Englisch singen, der internationale Markt ist ja viel größer. Meine Entscheidung auf Deutsch zu singen, kam mehr aus dem künstlerischen Anspruch. Wir Rapper wollen auch dafür gefeiert werden, dass wir den Spruch krass gemacht haben und das geht nur, wenn man dich auch versteht.

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Du hast deinen Job für die Musikkarriere geschmissen. Findest du es trotzdem wichtig, eine Ausbildung zu machen?
Es ist das Wichtigste! Ich würde auch niemandem raten, Mukke überhaupt anzufassen, solange keine Label-Situation da ist und das Geld nicht geklärt ist. Wenn ich zurückgehen könnte, würde ich früher eine Ausbildung machen, denn dann hätte ich früher Zeit für die Musik gehabt.

Rückblickend klingt es so einfach: Du hast Sido und Mark Forster getroffen, ihr macht zusammen Musik, es klappt. Ist es so?
Es ist scheißegal wie viel Talent du hast, du brauchst dieses Quäntchen Glück. Bei mir war das mein Mark Forster. Wenn der nicht so krass an mich glauben würde, dann würden auch alle anderen nicht an mich glauben. Irgendwas musst du natürlich mitbringen. Bock auf Berühmtsein ist geil, aber es reicht nicht hübsch auszusehen.

„Und das Glück hatte ich halt, dass mein Talent immer größer war als meine Brüste.“

Apropos Aussehen – haben es Rapperinnen schwerer?
Sexismus gibt es überall, gerade im Hip Hop. Es ist einfach eine männerdominierte Szene. Als ich angefangen habe, waren Frauen, die gerappt haben, oft einfach nicht gut. Die haben es dann abgekriegt. Keine Ahnung, warum das bei mir anders war. Aber ich glaube, wenn man talentiert genug ist, ist das Geschlecht irgendwann egal. Und das Glück hatte ich halt, dass mein Talent immer größer war als meine Brüste.

Wie sieht es mit negativen Kommentaren im Netz aus?
Am Anfang, als ich „Meine Frau“ und „Ich kann nicht schlafen“ rausgebracht habe, waren alle Kommentare geil. In der Sekunde, wo „Blau“ draußen war, schrieben auf einmal 12-Jährige Jungs, die sich in ihrer Männlichkeit gekränkt fühlten, weil Sido was mit einer Frau macht. Deren Meinung interessiert mich aber nicht. Was ich ekelhaft finde, ist wenn Mädchen mir so was schreiben. Da denke ich schon feministisch: ‚Wir müssen zusammenhalten. Sei mal froh, dass überhaupt eine Frau gerade Radau macht.’ Es schockiert mich, wenn Mädchen so aggressiv sind.

Machen soziale Medien das Berühmtsein anstrengender?
Es kommt immer darauf an, ob man sich das reinzieht. Mark zum Beispiel liest gar nichts. Ich bin da völlig anders. Ich stalke richtig meine Fans. Wenn sich jemand die Zeit nimmt, mir nette Sachen zu schreiben, dann gehe ich auch mal auf’s Profil und lasse ein Like da. Es ist ja eigentlich auch schön, wie nah man sich sein kann.

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Du hast schon immer viele Features gemacht, mit vielen Künstlern zusammengearbeitet. Gehört das zu deinem Verständnis von Musik?
Ich glaube, das hat mit meiner Rap-Vergangenheit zu tun. Wir haben uns Beats von jedem geholt, den wir kannten. Das ist ja auch musikalische Evolution. Ich bin ein sehr wissensdurstiger Mensch und offen für andere musikalische Einflüsse. Zu meinem festen Team werden immer Mark Forster und Michael Geldreich gehören, aber es gibt so viele tolle Instrumente und Musikstile auf der Welt, warum sollte mach immer das Gleiche machen?

Foto: David Kînigsmann

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Kategorien Interview Kultur Musik

„Wenn Sie Journalistin werden wollen, sind Sie in diesem Studiengang falsch“, hörte ich im ersten Semester nicht nur einmal. Trotzdem habe ich mittlerweile, mit 22, meinen Abschluss – und arbeite stetig daran, den Zweiflern das Gegenteil zu beweisen. Denn das Schreiben lasse ich mir nicht mehr wegnehmen. Es ersetzt für mich rauschzustandsauslösende Substanzen, es ist mein Ventil, wenn die Gedanken zu laut schreien und kein Platz für ekstatisches Tanzen ist. Schreiben kann ich über all das, wonach niemand fragt, was im Gespräch niemand von mir wissen will. Am spannendsten ist aber, anderen Menschen zuzuhören und ihre Geschichte zu erzählen.