Droge
Ein Mann dreht einen Joint mit Marihuana, das sich in einer kleinen Plastiktüte befindet, aufgenommen am 30.11.2006 in Würzburg (Unterfranken). Die harzverklebten getrockneten Pflanzenteile der weiblichen Cannabis-Pflanzen ergeben Marihuana, das geraucht rauschartige Zustände hervorruft. Foto: Daniel Karmann dpa/lby +++(c) dpa - Report+++ | Verwendung weltweit

„Morgens hasse ich die Droge, abends liebe ich sie“: Interview mit ehemals Cannabis-Abhängigen

Eine richtige Droge sei Marihuana ja nicht, wird gerne behauptet. Dem 29-jährigen Jan und dem 30 Jahre alten Dennis hat sie jedoch hart zugesetzt.

Erst nach ihrem Besuch  in einer Tagesklinik für Suchthilfe in Lichtenrade konnten sie sich von ihrem exzessiven Konsum erholen. Wir haben die ehemaligen Kiffer nach ihrer mehrmonatigen Rehabilitation getroffen.

Wie alt wart ihr, als ihr mit dem Konsum angefangen habt? 
Dennis: Richtig angefangen habe ich mit 17. Meine Freunde wollten das unbedingt und haben mich überredet. Ich hatte es mir cool vorgestellt. Danach fing es richtig an.
Jan: Bei mir war es mit 14 Jahren, zu Beginn meiner Lehrzeit in der Gastronomie. Durch Freunde und den ganzen Stress ging es dann schnell in den täglichen Konsum über.

Wie viel Cannabis habt ihr zur Höchstzeit täglich geraucht?
Dennis: Zuerst waren es nur ein paar Joints am Wochenende. Später wurden es ungefähr zwei Gramm am Tag, also etwa acht bis neun Joints.
Jan: Bei mir waren es am Anfang ein bis zwei Gramm täglich, nach einer Weile waren 50 Gramm im Monat kein Problem mehr für mich, das hat etwa 320 Euro gekostet.

Wann habt ihr konsumiert?
Dennis: Es gab immer einen Grund, es war wie ein Lifestyle.
Jan: Man hat sich am Ende irgendwelche Gründe zum Rauchen gesucht. Es wird ja auch verharmlost. Nehmen wir das Beispiel Ted: ein Bär, der kiffend auf der Couch sitzt. Es gibt keine Filme, die die negativen Aspekte von Gras zeigen.
Dennis: Genau. Und dann hatte man diese verlockenden Effekte. Man kann sich kreativ ausleben, zugleich war es effektiv zum Abschalten vom Alltag und vom Leben.

Wann wurde euch klar, dass ihr einen Schlussstrich ziehen wollt?
Jan: Ich wollte schon eine Weile aufhören, mit Anfang 20, wusste nur nicht, wie. Als ich im Krankenhaus war, wurde mir eine Behandlung empfohlen und ich war überrascht, als ich ankam. Ich hatte mir eine Reha medizinischer vorgestellt. Während der Therapie redet man mit anderen Süchtigen. Es wird deutlich, dass man im selben Boot sitzt. Das hilft.
Dennis: Ich bin Vater und irgendwann hat mir die Mutter meines Kindes ein Ultimatum gestellt: Kiffen oder Kind. Danach habe ich mir immer morgens vorgenommen, nicht zu kiffen. Aber abends, nachdem mein Kind im Bett war, sah der Joint schon wieder attraktiver aus. Es ist wie eine Hassliebe. Morgens hasst man die Droge und abends liebt man sie wieder. Dann hab ich mir Hilfe gesucht und gefunden.

Was sagt ihr dazu, dass Marihuana oft als harmlos abgetan wird?
Jan: Es wird kleingeredet durch Medien und Politik. Was ist denn schon eine „Einstiegsdroge“? Das kann man nicht pauschalisieren.

Was würdet ihr Jugendlichen sagen, die eine Menge Gras konsumieren?
Dennis: Ermahnen bringt nichts. Die meisten Kiffer kennen jeden Vortrag und ignorieren ihn, sie leben zu realitätsfern. Oft hängt das mit psychologischen Problemen zusammen. Anstatt zur Therapie zu gehen, helfen sie sich mit einer Droge und behaupten, sie hätten ihren Konsum noch unter Kontrolle. Dabei sollten sie sich ehrlich fragen, wer die Kontrolle hat: sie oder das Gras? Wenn man davon abgehalten wird, die Dinge zu tun, die man liebt, und stattdessen auf der Couch sitzt, ist die Antwort doch klar.

Das Interview führte Salonika Hutidi, 19 Jahre.

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Kategorien Gefühle Interview Zwischendurch

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