Keine verschlüsselten Botschaften

Schriftsteller Edgar Rai über seinen zweiten Jugendroman.

 

Autor Edgar Rai Foto: Frank Peters
Autor Edgar Rai
Foto: Frank Peters

Drei Jugendliche prügelten im Oktober 2012 so schwer auf Jonny K. ein, dass dieser wenig später seinen Verletzungen erlag. Die Brutalität der Täter löste eine Debatte über Jugendgewaltaus. Edgar Rai und Cem Gülay haben mit „Sunny war gestern“ gerade den ersten Jugendroman veröffentlicht, der diese Problematik anspricht. Das Buch handelt von einem Mord in der U-Bahn.

 

Herr Rai, „Sunny war gestern“ spricht ein aktuelles Thema an. Stellenweise hat man beim Lesen aber den Eindruck, dass das in den Hintergrund rückt, zugunsten jugendbuchgerechterer Probleme wie Liebe und einer spannenden Krimihandlung.

 

Wir haben die Geschichte zunächst so erzählt, wie sie aus uns herauskam. Und es ist für ein Jugendbuch genug Politik darin. Mit mehr Politik wäre es nicht glaubwürdig. Denn die Icherzählerin ist 17 Jahre alt und wohlbehütet in Hamburg aufgewachsen. In dem Alter und den Lebensumständen hat man einfach keinen Grund, sich mit Themen wie Videoüberwachung öffentlicher Plätze oder Integrationsproblemen zu beschäftigen. Das wäre für diesen Charakter unglaubwürdig gewesen.

 

Inwieweit haben Sie sich an echten Fällen orientiert? Gab es für die Figuren reale Vorbilder?

 

Wir haben uns an keinem einzelnen Fall orientiert. Auch spezielle Vorbilder für die Figuren hatten Cem und ich nicht. Wir waren aber für ein Filmprojekt mit dem Jugendtheaterbüro Berlin unterwegs und haben Interviews mit den Darstellern geführt. In dem Buch ist an einer Stelle die Rede von einer Messerstecherei. Die Geschichte ist aus einem dieser Gespräche. Ein Darsteller hat auch Ähnlichkeit mit der Figur Yasir.

 

Yasir ist 17, in Deutschland aufgewachsen, war nie in seiner „Heimat“. Wieso lassen Sie ihn so schlecht Deutsch sprechen?

 

Da haben wir lange überlegt und es war eine schwierige Entscheidung. Beim Schreiben haben wir uns vier Tage die Aufnahmen von den Darstellern des Jugendtheaters angesehen. Die Jungs sprechen halt so. Der Slang macht jedoch keine Aussage über Yasir selbst. Ich möchte ihn nicht in eine der Kategorien gut oder schlecht, dumm oder intelligent einordnen. Das ist einfach deren Sprache und die sagt nichts über deren Herz oder deren Intelligenz aus. Und sie macht den Roman authentisch.

 

„Sunny war gestern“ ist Ihr zweiter Jugendroman. Zuvor haben Sie Bücher für Erwachsene geschrieben. Was reizt Sie an dem Genre?

 

Ich mag die geraden Dialoge und die Dynamik. Ich muss keine verschlüsselten Botschaften für den Feuilletonleser senden, der sonst seine Intelligenz beleidigt sähe, sondern kann klar und direkt erzählen. Und ich habe mir ja auch nicht gedacht: Okay, jetzt schreibe ich ein Jugendbuch. Als Autor habe ich zuerst die Idee zu einer Geschichte, dann frage ich mich, wie ich sie umsetze. Das kann zu einem Jugendbuch werden, muss aber nicht.

 

(Das Gespräch führte Jaromir Simon, 21 Jahre)

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